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Ständig verschwinden Blumen vom Friedhof

Sogar Grabplatten wurden gestohlen. Mitarbeiter und Angehörige sind alarmiert. Jetzt soll neue Technik helfen.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Nossen. Es ist schon wieder passiert. Aufgeregt erkundigt sich das Ehepaar Rysick aus Nossen bei Friedhofsmeister Uwe Preuß, ob er etwas gesehen habe, wo denn der erst gestern ans Grab gebrachte Gerbera-Strauß hin sei. „Der sollte eigentlich die Ruhestätte meiner Schwiegermutter schmücken“, sagt Wilfried Rysick. Jetzt sei er aber verschwunden – so wie mehrere Sträuße Gladiolen oder andere Schnittblumen in den letzten Wochen. Das sei eine Unart, findet Rysick. Im Frühjahr hätten Unbekannte sogar einen ganzen Blumenkasten, der vor einer Grabplatte gelegen hatte, mitgehen lassen.

Überraschen kann das, was der Familie passiert ist, Friedhofsmeister Preuß nicht mehr. Leider sei ihr Fall bei Weitem nicht der Einzige in letzter Zeit. „Es verschwinden fast täglich Blumen, die die meist älteren Leute mühevoll an die Gräber ihrer Angehörigen bringen“, sagt der 48-Jährige, der seit zwei Jahren für die evangelische Gemeinde auf dem Nossener Friedhof arbeitet. Dass es schon einmal eine derartige Häufung an Diebstählen an der 1902 angelegten Ruhestätte gegeben hat, glaubt Preuß nicht.

„Das hat eine neue, besorgniserregende Qualität. Zumal die gestohlenen Blumen noch das kleinere Übel sind“, erklärt er. Denn Übergefäße und sogar ganze Grabplatten seien vor Kurzem vom Areal verschwunden. Damit richten die dreisten Diebe nicht nur erheblichen finanziellen Schaden an, kostet eine Grabplatte je nach Material und Gestaltung doch zwischen 250 und 500 Euro. „Den Angehörigen, die das Grab pflegen, geht es natürlich auch emotional sehr nahe, wenn eine Grabplatte verschwindet“, weiß Uwe Preuß aus Erfahrung. Insgesamt drei Stück seien seit dem Frühjahr entwendet worden. Eine davon habe man allerdings wiedergefunden. Vor allem von einem neueren Urnenfeld unweit der Friedhofsmauer lassen die pietätlosen Täter häufiger Gegenstände mitgehen. Was sie dazu bewegt, kann sich Uwe Preuß nicht erklären.

„Das ist eine verfängliche Sache ohne Sinn. Um aus den Platten irgendeinen Gewinn rauszuholen, müsste man ja zunächst die Inschrift herausschleifen. Das ist nicht nur sehr aufwendig, das macht einem doch auch keiner, ohne nachzufragen“, so Preuß. Bei den Steinmetzen im Nossener Umland habe er sich bereits umgehört – sie seien mit solchen Fällen nicht in Berührung gekommen. Ist also alles nur ein geschmackloser Scherz?

„Das wissen wir bisher nicht. Finanziell bringt weder der Klau von Schnittblumen für 1,99 Euro noch der einer Grabplatte etwas“, erzählt der Friedhofsmeister. Er und seine Kollegen wollen in Zukunft verstärkt Gäste beobachten, die den Friedhof betreten oder verlassen. Auch die Besucher des zu jeder Tages- und Nachtzeit offenen Areals bittet er um erhöhte Wachsamkeit. „Wenn jemand einen Verdacht hat oder etwas beobachtet, kann er sofort zu mir kommen“. Dieben von Blumen oder Grabplatten werde er ein Hausverbot erteilen. „Außerdem sei das Entwenden einer Grabplatte eine Straftat.

Um es den Tätern schwerer zu machen, verankern die ersten Angehörigen Grabplatten bereits oder kleben sie an. Preuß selbst denkt darüber nach, eine Kamera zu installieren, die mindestens den Eingangsbereich des Friedhofs Tag und Nacht überwachen soll. Während seiner Arbeitszeit wolle er selbst genau aufpassen. „Aber bei zweieinhalb Hektar Fläche kann ich nicht alles überwachen“, so Preuß. Darum appelliert er an das Ehrgefühl der Diebe. „Sie treten die mühevolle Pflege vieler Leute mit Füßen. Wer ein bisschen Anstand hat, stiehlt nicht auf einem Friedhof.“