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Stadtspitze wird umgekrempelt

Bei den Bürgermeistern soll sich vieles ändern. Vor allem Abgeordnete wollen auf die Chefsessel der Verwaltung.

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© dpa

Von Andreas Weller

Konkrete Personen will die Stadtratmehrheit aus Linken, Grünen und SPD noch nicht nennen, die die Machtpositionen im Rathaus ab diesem Herbst bekleiden sollen. Intern werden aber vor allem Abgeordnete aus dem Landtag und Stadträte gehandelt, die wahrscheinlich künftige Bürgermeister werden.

„Wir wollen an der Verwaltungsspitze aufräumen“, erklärt Linke-Fraktionschef André Schollbach. „Das ist erforderlich, wegen der erwiesenen Inkompetenz und Unfähigkeit der jetzigen Bürgermeisterriege.“ Wen genau er meint, ließ er bewusst offen. Aber er wolle nicht mehr „diese sieben Kerle“ sehen. Stattdessen sollen auch Frauen in die Führung. Eine davon sei die gemeinsame rot-grün-rote Oberbürgermeisterkandidatin Eva-Maria Stange (SPD). Aber über den OB-Posten entscheiden die Dresdner.

Die Besetzung der Bürgermeister entscheidet der Stadtrat. Und die Mehrheit wolle keine Rache an der CDU üben. „14 Jahre war die knappe Hälfte des Stadtrates von der Verwaltungsspitze ausgeschlossen“, so SPD-Fraktionschef Peter Lames. Die aktuellen Bürgermeister und ihre Vorgänger haben CDU und FDP bestimmt, zuletzt mit den Woba-Verkäufern der damaligen PDS. „Wir werden nicht durchregieren“, sagt Grünen Fraktionschefin Christiane Filius-Jehne. „Wir holen die CDU als größte Fraktion mit ins Boot.“

Konkret bedeutet das: Die CDU bekommt das Vorschlagsrecht für zwei der sieben Bürgermeisterposten. Und zwar den des Ordnungsbürgermeisters, allerdings gehen die beiden städtischen Krankenhäuser Friedrichstadt und Neustadt in den Bereich Soziales. Außerdem kann die CDU den neuen Bildungsbürgermeister ab Herbst 2016 mit einer Person besetzen.

„Ich bin erstaunt und es freut mich, dass die derzeitige Mehrheit die CDU beteiligen will“, ist die Reaktion von CDU-Fraktionschef Jan Donhauser. Er will das in der Fraktion besprechen. „Aber es wäre verrückt, das auszuschlagen.“ Auf Personen habe sich die CDU noch nicht festgelegt. Aber es gilt als wahrscheinlich, dass Detlef Sittel Ordnungsbürgermeister bleibt. Ob Verwaltungsbürgermeister Winfried Lehmann dann den neuen Bereich Bildung übernimmt, ist dagegen völlig offen.

Warten auf Vorjohann

Der künftige Finanzbürgermeister wird von der SPD gestellt. Nach SZ-Informationen hat Fraktionschef Lames Interesse daran. Er würde dann bis Mitte 2016 zunächst den Posten von Lehmann, mit Verwaltung, Personal, Schulen und Sport, übernehmen und erst danach die Finanzen. Denn die Wahlzeit von Hartmut Vorjohann (CDU) endet erst in mehr als einem Jahr. Dann soll der gesamte Personal- und Rechtsbereich zu Finanzen dazugeschlagen werden. Für die SPD ist das der einzige Posten.

Die Linke schielt auf zwei Dezernate: Zum einen Kultur und Tourismus, inklusive der Kreativwirtschaft und dem künftig städtischen Heinrich-Schütz-Konservatorium. Für die Position wird die Landtagsabgeordnete, Stadträtin und Parteichefin Annekatrin Klepsch gehandelt. Außerdem will die Linke den Bereich Soziales und Arbeit, inklusive der Krankenhäuser und dem Bereich Wohnen. Dazu soll auch die neue Wohnungsbaugesellschaft der Stadt gehören. Für die Position ist der Landtagsabgeordnete Falk Neubert vorgesehen.

Die neue Baubürgermeisterin wollen die Grünen stellen. Zu diesem Bereich kommen dann das Hochbau- und das Liegenschaftsamt neu dazu. Nach SZ-Informationen ist dafür die Landtagsabgeordnete und zuvor langjährige Bauexpertin im Stadtrat, Eva Jähnigen, im Gespräch.

Nur für das Amt des Umweltbürgermeisters gibt es bisher noch keine konkreten Personalvorschläge. Auch dafür haben die Grünen das Vorschlagsrecht. Die denken darüber nach, eine externe Person zu holen, weil die ganzen Beteiligungen, also Töchter und Enkel der Stadt, diesem Bereich zugeschlagen werden.

Bei welchem Bürgermeister künftig der Sport angesiedelt wird, ist noch offen. Darüber müsse noch verhandelt werden, heißt es von den Mehrheitsfraktionen. Bisher war dieser beim Verwaltungsbürgermeister angesiedelt, den es so ja künftig nicht mehr geben wird.

Die eher dürftige wirtschaftliche Entwicklung Dresdens macht den Parteien Sorgen. „Der Bereich ist in der Verwaltung schlecht aufgestellt“, so Schollbach. „Da muss sich etwas ändern, deshalb wird Wirtschaft Chefsache.“ Mit anderen Worten, die oder der künftige OB wird sich um die Wirtschaft mit kümmern.

Das bedeutet aber auch: Wenn der jetzige Wirtschaftsbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) die Oberbürgermeisterwahl gewinnt, behält er zusätzlich diesen Bereich.

Verteilung unabhängig von OB-Wahl

Die rot-grün-roten Fraktionschefs betonen ausdrücklich, dass dieses Vorschlagsrecht für die Bürgermeister gilt, egal wie die OB-Wahl ausgeht. „Das hat den Rang einer politischen Absprache“, so Lames. Wenn also der CDU-Kandidat Markus Ulbig gewinnen sollte, hätte die CDU drei von acht Machtpositionen im Rathaus. „Ich gehe von einem Sieg von Markus Ulbig aus“, so Donhauser. Sollte Hilbert gewinnen, wäre die FDP unverhofft im Spiel. Und mit Stange würde sich die SPD sozusagen ihren zweiten Posten sichern.

Der Stadtrat soll im April über die Ausschreibung der zunächst sechs Bürgermeister entscheiden. Im August könnten sie in einer Sondersitzung vom Rat gewählt werden. Vielleicht sogar parallel mit der Vereidigung ihres Chefs. Die Oberbürgermeisterwahl ist am 7. Juni, der mögliche zweite Wahlgang am 5. Juli.