Merken

Stadtrat mit Pirouette

Vor einer Mammutaufgabe standen die Meißner Räte am Mittwochabend. Sie fällten Entscheidungen für Jahrzehnte.

Teilen
Folgen
© Claudia Hübschmann

Von Dominique Bielmeier und Udo Lemke

Meißen. Sage und schreibe 32 Tagesordnungspunkte setzten Oberbürgermeister Olaf Raschke (parteilos) und die Meißner Stadtverwaltung den 24 Frauen und Männern vor, die von den Bürgern gewählt worden sind, um deren Interessen zu vertreten. Bei der 30. Sitzung des Stadtrates am Mittwochabend ging es unter anderem um die Zukunft von zwei Schulstandorten, die Sanierung von Straßen, den Kauf von Grundstücken und das leidige Thema Burgbergaufzug. Über mehr als acht Millionen Euro hatten die Räte zu befinden. Die wichtigsten Beschlüsse im Überblick.

Der Kreis bleibt: Das in der Luftaufnahme markierte Areal der Questenbergschule ist auch künftig Schulstandort, allerdings wird hier neu gebaut.
Der Kreis bleibt: Das in der Luftaufnahme markierte Areal der Questenbergschule ist auch künftig Schulstandort, allerdings wird hier neu gebaut. © privat

Jahnhalle wird für einen Euro verkauft

Die Bürgerstiftung Meißen erhält die Jahnhalle und das dazu gehörende Grundstück von 9 457 Quadratmetern Fläche für einen Euro von der Stadt Meißen verkauft. Das beschloss der Stadtrat am Mittwochabend mit nur einer Enthaltung. Danach wird die Bürgerstiftung verpflichtet, die Bausubstanz der Jahnhalle grundhaft bis zum Jahr 2022 zu erneuern. Von den dafür vorgesehenen rund 1,9 Millionen Euro an Investitionen muss die Stiftung bis zu diesem Zeitpunkt drei Viertel, also gut 1,4 Millionen Euro verbaut haben. „Ist ein Nachweis nicht möglich, fällt das Objekt an die Stadt zurück“, heißt es im Stadtratsbeschluss.

Otto-und-Emma-Horn-Stiftung darf das Prälatenhaus kaufen

Wenn es nur einen Käufer gibt und der auch noch den vollen Preis zahlen will, fällt eine Entscheidung nicht schwer. So ging es auch den 24 Stadträten, die, mit nur einer Gegenstimme, dafür abstimmten, dass die Otto-und-Emma-Horn-Stiftung das historische Prälatenhaus kaufen darf. Dieses hat eine Geschichte von 500 Jahren und seit 2001 schon rund eine Million Euro an Fördermitteln und Spendengeldern geschluckt.

Weil nach aktueller Schätzung noch rund 800 000 Euro fließen müssten, bis das Gebäude Rote Stufen 3 saniert ist, will die Stadt es für 240 000 Euro verkaufen. Der Betrag ist so gering, weil das spätgotische Domherrenhaus mit einigen Auflagen daherkommt. So soll es weiter öffentlich genutzt werden. Die Stiftung kann sich vorstellen, dass aus dem Gebäude ein Haus für Vereine wird. Falk Werner Orgus (CDU) bereitete das Thema Sorgen. „Treiben wir die Stiftung damit vielleicht mittelfristig in die Pleite?“ Doch schließlich überwog das Vertrauen in den Stiftungsleiter und Stadtarchivar Tom Lauerwald.

Questenbergschule muss nicht umziehen

Am Ende fiel die Entscheidung in namentlicher Abstimmung eindeutig aus: 19 der anwesenden 24 Stadträte stimmten für den Erhalt des Schulstandortes Questenberg. Fünf Räte sprachen sich für einen Neubau an der Höroldtstraße 3 aus. Vorangegangen waren dieser Entscheidung eine Vorstellung der möglichen Standorte und eine emotionale Diskussion.

Für den Teilabriss der jetzigen Questenbergschule und einen Ersatzneubau, der notwendig wird, weil diese künftig nicht mehr zwei-, sondern dreizügig mit insgesamt 336 Schülern gefahren werden muss, sind Investitionen von rund neun Millionen Euro notwendig. In etwa die gleiche Summe würde ein Schulneubau an der Höroldtstraße kosten, wobei dort Gebäude einer ehemaligen Autowerkstatt abgerissen werden müssten. Falk Werner Orgus, der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Stadtrat, erklärte, dass der Wunsch der Eltern und Lehrer, den Standort Questenberg zu erhalten, für seine Fraktion entscheidend gewesen sei.

Dieser Argumentation schloss sich auch Oberbürgermeister Raschke an. Woraufhin ihm Heiko Schulze, Vorsitzender der Fraktion Freie Bürger/SPD/Grüne vorwarf, eine politische Pirouette zu drehen, habe er doch in den Ausschüssen noch für den Standort Höroldtstraße plädiert. Der ursprünglich geplante Kauf von zwei Grundstücken der Höroldtstraße wurde auf die Aprilsitzung des Stadtrates verschoben, weil nicht allen Räten das zugesagte Altlastengutachten zugestellt worden war.

Burgbergaufzug fährt jetzt ausschließlich mit Personal

Das wurde mit nur zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung beschlossen. Ab April – der genaue Tag steht noch nicht fest – soll der Aufzug zum Burgberg zwischen 7 und 21 Uhr unter Betreuung fahren, damit im Störfall oder bei kritischem Wetter schnell gehandelt werden kann. Denn dass der Aufzug „ein erhöhtes Risiko technischer, aber auch von Witterungseinflüssen begünstigter Betriebsstörungen“ trägt, so die Beschlussvorlage, ist nach etlichen Pannen inzwischen unstrittig.

Sollte der Aufzug wieder ausfallen, wird er zwischen 10 und 18 Uhr durch Shuttleverkehr ersetzt. Im Januar und Februar fährt er gar nicht und auch ein Shuttle kommt dann nicht zum Einsatz, dafür darf auf dem Domplatz geparkt werden. Die Höhe der Kosten für zusätzliches Personal und Shuttle, welche die Stadt dem Betreiber Städtische Dienste Meißen GmbH erstatten muss, steht noch nicht fest.

Stadtrat Heiko Schulze befürchtete hohe Kosten durch das Shuttle. Außerdem fragte er sich, warum diese Übergangslösung bis Ende Februar 2018 gelten soll, denn eigentlich sollte schon bis Ende Juni dieses Jahres eine Dauerlösung präsentiert werden. Wolfgang Tücks, Vorsitzender der ULM-Fraktion, schlug eine Erweiterung der Fahrtzeiten auf 6 bis 23 Uhr vor, um den Anwohnern auf dem Burgberg und der Gastronomie entgegenzukommen. Der Oberbürgermeister will den Vorschlag umsetzen – sobald es „technisch möglich“ ist.