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Stadtmusikanten spurlos verschwunden

Im Bürgergarten stand eine Skulptur der Märchenfiguren. Seit 20 Jahren hat sie niemand mehr gesehen. Und nicht nur sie.

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© Dietmar Thomas

Von Jens Hoyer

Döbeln. Wo sind sie eigentlich hin, die Bremer Stadtmusikanten? Diese Frage hatte Kay Hanisch, Stadtrat der Linken, bei der vergangenen Stadtratssitzung gestellt. Als Kind hatte Hanisch die Skulptur noch im Bürgergarten gesehen. Jetzt war ihm eine alte Postkarte in die Hände gefallen, auf der die Plastik abgebildet ist. Aber mehr als Fotos scheinen von ihr nicht übriggeblieben zu sein.

Die Bremer Stadtmusikanten standen vor der Gaststätte im Bürgergarten.
Die Bremer Stadtmusikanten standen vor der Gaststätte im Bürgergarten. © Archiv

Bei den zuständigen Mitarbeitern der Stadtverwaltung erzeugt die Frage Ratlosigkeit. „Ich habe nachrecherchiert. Wir wissen nicht, wo sie hingekommen ist“, sagte Jürgen Aurich, Chef des Baubetriebsamts der Stadt. Wenn die Skulptur eingelagert wäre, so wäre das bekannt. Die schwere Steinplastik scheint sich in Luft aufgelöst zu haben. Auch der Döbelner Heimatforscher Jürgen Dettmer hat sich dafür interessiert. „Ich bin dem mehrfach nachgegangen und habe keine Antwort erhalten“, sagte er.

Eine Zugabe zur Leninstatue

Dettmer hat einige Informationen zu der Steinplastik zusammengetragen. „Sie soll eine Zugabe zum Lenin gewesen sein. Der Künstler hat viel Geld dafür bekommen.“ Der Revolutionär, in Stein gehauen, war 1977 auf dem damaligen Käthe-Kollwitz-Platz, heute wieder Wettinplatz, aufgestellt worden. Die Bremer Stadtmusikanten standen in einer Rabatte vor dem futuristischen Strebepfeiler der Gaststätte im Bürgergarten. Bis wann, das ist ein Rätsel. „Kurz vor oder beim Abriss haben die Stadtmusikanten wohl Beine bekommen“, meint Dettmer sarkastisch.

Die Gaststätte war Anfang 1996 dem Erdboden gleichgemacht worden. Eine Sanierung hätte sich nicht gelohnt. Auch Heimatforscher Andreas Riethig hat sich mit der Geschichte des Bürgergartens beschäftigt – und mit dem Schicksal der Skulptur. Auf dem Video einer Eisparty kurz vor dem Abriss der Gaststätte sei sie schon nicht mehr zu sehen, sagte er.

Der steinerne Lenin, den man schon gleich nach der Wende aus dem Stadtbild entfernt hat, ist bis heute im Bauhof eingelagert. Vom Kriegerdenkmal auf dem Geyerberg, das zu DDR-Zeiten abgerissen wurde, sind zumindest Trümmer übrig geblieben und sichergestellt worden. Ungeklärt ist allerdings auch das Schicksal der Buntglasfenster des Rathaussaales, sagte Dettmer. Die waren Anfang der 1950er Jahre ausgebaut worden, als die russische Kommandantur auszog und das Rathaus vorgerichtet wurde. „Eines der Fenster zeigte Luther bei der Einführung seines Schülers als Pfarrer in Döbeln. Die Fenster sollen im Gewerkschaftshaus eingelagert worden sein“, sagte Jürgen Dettmer. Dort verliert sich ihre Spur.

Wer Hinweise zum Verbleib der Skulptur hat, kann sich beim Döbelner Anzeiger unter Tel. 03431 719418 melden.