Merken

Stadt will Eigentümern das Bauen verbieten

Für eine ehemalige Bahnfläche an der Hansastraße hat die Stadt große Pläne. Doch es gibt ein noch größeres Problem.

Teilen
Folgen
© René Meinig

Von Sarah Herrmann

Verwildert liegt sie da, die Fläche am Gleisbogen Hansastraße. An der Ecke zur Großenhainer Straße ist neben dem Porsche-Autohaus weit und breit nichts außer Grün. Nun könnte die Brache allerdings ein neues Gesicht bekommen. Denn die Deutsche Bahn, die das Areal als Lagerplatz nutzte, hat die Fläche im Januar verkauft. Die Stadt plant Wohnungen und Gewerbeflächen. Doch es gibt ein Problem.

Denn die Verwaltung ist nicht Eigentümer der Fläche. Die Bahn hat an zwei verschiedene Privatinvestoren verkauft, die ihre eigenen Pläne haben. So soll zwischen Lößnitzstraße und Neustädter Bahnhof neben Wohnungen auch ein Hotel entstehen. Auf der Großenhainer Straße ist neben dem Porsche-Autohaus ein Bürokomplex geplant. Dort will der Eigentümer möglichst bald loslegen. Die Stadtverwaltung rechnet damit, dass der Investor seinen Bauantrag jederzeit einreichen könnte.

Begeistert ist die Verwaltung von den Plänen allerdings nicht. „Der Investor nimmt kaum Bezug auf die bestehende Bebauung“, sagt Stefan Patschger vom Stadtplanungsamt. So ist neben dem Autohaus ein halboffenes Neubau-Karrée geplant. Im Hof werden aber keineswegs Bäume gepflanzt oder Bänke aufgestellt. Stattdessen will der Eigentümer die Fläche fast vollständig versiegeln und zum Parkdeck umfunktionieren. „Das konterkariert die städtischen Pläne“, so Patschger weiter. Auch an der Lößnitzstraße sei eine viel zu dichte Bebauung geplant. Einfluss hat die Verwaltung nicht wirklich.

Vorgehen der Verwaltung umstritten

Denn einen Bebauungsplan gibt es für das Areal nicht. Die Genehmigungen werden nach Paragraf 34 aus dem Baugesetzbuch geregelt. Demnach muss sich ein Neubau in die Umgebung einfügen. Was das konkret bedeutet, lässt das Baugesetzbuch offen. Auch deswegen gerät diese Regelung immer wieder in die Kritik – zuletzt in der Diskussion um das geplante Hotel an der Ecke Anton-/Robert-Blum-Straße. Die graue Fassadengestaltung hatte einen Aufschrei unter den Dresdnern verursacht. Das Projekt ist wegen eines Widerspruchs derzeit auf Eis gelegt. Die Empörung einiger Dresdner über eine ohnmächtige Stadtverwaltung, die Investoren walten lässt, bleibt. An der Hansastraße will sich die Stadt deshalb eines Tricks bedienen.

Um die ungeliebten Bauprojekte zu verhindern, sollen nicht nur Ziele für das Areal in einem Bebauungsplan festgehalten werden. Zugleich will die Verwaltung sich die Zustimmung für eine Veränderungssperre holen. Gibt der Bauausschuss sein Okay, darf das Areal zwei Jahre lang nicht bebaut werden. Dieses Mittel wird von der Stadt eingesetzt, wenn eine Bebauung befürchtet wird, die der Stadtplanung schadet. Zuletzt wurde eine solche Veränderungssperre auf dem Grundstück von Regine Töberich verhängt.

Ihre Pläne genügten den Anforderungen an den Hochwasserschutz nicht. Nach zwei Jahren wurde die Sperre um zwei weitere verlängert. Dies wäre auch an der Hansastraße möglich. Genügend Zeit, um einen rechtsgültigen Bebauungsplan aufzustellen und bei einem Werkstattverfahren die Entwürfe auszusuchen, nach denen sich die Eigentümer dann richten müssen. „Wir wollen etwas in der Hand haben, um mit den Investoren zu verhandeln“, begründet Patschger. Bisher seien diese zu keinen Gesprächen bereit. Das Vorgehen stößt auch auf Empörung.

Die Neustädter Ortsbeiräte Benita Horst (FDP) und Lutz Barthel (CDU) sind entsetzt. „Ein anlassbezogener Bebauungsplan ist nicht in Ordnung“, sagt Barthel. Es müsse auch andere Möglichkeiten der Verhandlung geben. Die Stadt könne nicht einerseits über Wohnungsmangel klagen und andererseits zwei Jahre Stillstand auf einer Fläche einfordern. Die Politiker von SPD, Grünen und Linken sehen das anders.

„Ich begrüße es außerordentlich, dass die Stadt hier einen Gestaltungswillen hat“, sagt Christoph Meyer (SPD). Torsten Abel (Grüne) ergänzt: „Der Standort ist das Eingangstor zur Stadt. Da kann auch mal der Zwangsknüppel rausgeholt werden.“ Im Neustädter Ortsbeirat stimmten die Politiker mit großer Mehrheit für die Aufstellung eines Bebauungsplans sowie das Verhängen der Veränderungssperre. Der Bauausschuss soll am Mittwoch die endgültige Entscheidung treffen. Kommentar