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Stadt trennt sich von ihrem Wirtschaftsförderer

Die Erwartungen an Gert Rönnau waren hoch – jetzt verlässt er die Stadt schon wieder.

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© Sebastian Schultz

Von Britta Veltzke

Riesa. Jetzt geht die Suche wieder von vorne los. Oder gibt es eine ganz neue Lösung? Die Stadt hat sich von ihrem Wirtschaftsförderer Gert Rönnau getrennt. „Aufgrund unterschiedlicher Sichtweisen im Hinblick auf die künftige Ausgestaltung der Stelle und die strategische Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes Riesa haben sich beide Vertragspartner entschlossen, das Arbeitsverhältnis zu beenden.“ Dies sei „im besten gegenseitigen Einvernehmen“ geschehen, so die Stadtverwaltung. Der Vertrag läuft noch bis zum 30. September. Nach SZ-Informationen kommt Rönnau jedoch schon seit dem ersten September nicht mehr in sein Büro.

Welche „unterschiedlichen Sichtweisen“ den gebürtigen Niedersachsen und Marco Müller (CDU) schlussendlich getrennt haben, führte der Oberbürgermeister nicht aus. Fakt ist aber, dass die Erwartungen an den Wirtschaftsförderer hoch waren. Schon in seinem Wahlkampf hatte Müller angekündigt, die Stelle schaffen zu wollen – vor allem, um neue Investoren nach Riesa zu locken. Bezüglich dieser Erwartung hatte Rönnau in einem SZ-Interview zwei Monate nach seinem Amtsantritt erst einmal auf die Bremse getreten: „Ich verstehe es als meine Hauptaufgabe, mit dafür zu sorgen, Unternehmen langfristig an Riesa zu binden. Über mich haben sie den direkten Draht in die Verwaltung“, erklärte er. Zwar werde man auch immer um neue Investoren kämpfen, die Bestandspflege sei aber sein wichtigster Punkt, so Rönnau damals. Und so war eine seiner ersten Amtshandlungen auch, eine Sprechstunde für Unternehmer im Rathaus einzurichten. Jedoch bemühte er sich auch auf der Hannover Messe um neue Kontakte. Als nächster großer Termin hätte eigentlich der Besuch der Expo Real angestanden. Die Unternehmermesse findet Anfang Oktober in München statt.

Und nun?

Nach einer verpatzten Ausschreibung war die Stadt zunächst froh, Rönnau gefunden zu haben. Schon Anfang der 1990er Jahre hatte er als Regionalplaner in Dessau Erfahrungen gesammelt. Danach machte er unter anderem Station in Halle sowie einer kleinen Kommune in Baden-Württemberg. Aus Sicht von OB Müller war Rönnau Anfang dieses Jahres der beste Bewerber.

Querelen um die Stelle hatte es schon gegeben, bevor die Wahl auf Rönnau gefallen war. Zunächst setzte die Verwaltung gegen den Willen einiger Stadträte eine dritte Beamtenstelle im Rathaus durch, um einen Anreiz für Bewerber zu setzen, die bereits verbeamtet sind. Danach gab es einen Aufschrei, weil der Ausschreibtext lediglich auf der Internetseite der Stadt und dem Amtsblatt erschienen war. Nachdem Müller einen Beamten aus Stauchitz für die Stelle ausgesucht hatte, erschien die Ausschreibung einigen Stadträten im Nachgang so, als sei sie auf eben diesen Bewerber zugeschnitten gewesen. Als Reaktion darauf zog er seine Bewerbung schließlich zurück. Die neue Stellenanzeige, auf die sich auch Rönnau gemeldet hatte, veröffentlichte die Verwaltung schließlich auch auf überregionalen Jobportalen und in mehreren Ausgaben der SZ.

Und nun? Das fragen sich auch die Stadträte. CDU-Fraktionschef Helmut Jähnel schlägt vor, zunächst zu schauen, wer sich damals noch auf die Stelle beworben hatte und erst im nächsten Schritt neu auszuschreiben. „Fakt ist, dass es nicht leicht ist, bei dieser Bezahlung einen guten Wirtschaftsförderer zu finden.“

Für Beamte in der Besoldungsstufe A 11, die die Verwaltung für die Stelle vorsieht, gibt es knapp 3 000 Euro brutto zu Beginn der Laufbahn und gut 3 800 Euro kurz vor der Pensionierung, ohne Zuschläge.

Riesas Linkenchefin Uta Knebel stellt sich immer noch die Frage, ob die Stadt überhaupt einen Wirtschaftsförderer benötigt: „Ich bin mir nicht sicher, ob wir diese Ressource lieber anderweitig einsetzen sollten.“ Stefan Schwager, Fraktionschef Freie Wähler/Bürgerbewegung, ist da anderer Meinung: „Wir haben uns für die Stelle entschieden, also sollten wir schnellstmöglich neu ausschreiben.“