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Stadt setzt Quartiersmanager vor die Tür

Neun Jahre lang schieben Uwe Krause und Wolfgang Müller viele Projekte in Gorbitz an. Nun ist plötzlich Schluss.

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© Christian Juppe

Von Jana Mundus

Es ist ein bitterer Abschied. Einer, mit dem Ulrich Krause und Wolfgang Müller schon länger gerechnet, den sie aber nicht wahrhaben wollten. Seit 2006 arbeiten die beiden als Quartiersmanager in Gorbitz. Viele Fäden im Stadtteil liefen seither bei ihnen zusammen. Die Männer haben organisiert, Menschen an einen Tisch gebracht, Dinge angeschoben. Das Westhangfest und den -lauf, auch die Zeitung für Gorbitz, die Westhangpost, haben sie erdacht und umgesetzt. Jetzt ist Schluss. Plötzlich. Die Stadt verlängert den Vertrag mit ihnen nicht.

Erst vor ein paar Tagen saßen Krause und Müller bei Stefan Szuggat im Büro. Der Leiter des Stadtplanungsamtes sagte ihnen persönlich, dass die Zusammenarbeit beendet wird. Geahnt hatten es die Männer schon. „Es gab im Februar im Amtsblatt eine Ausschreibung für das Gorbitzer Quartiersmanagement“, erklärt Krause. Noch 2006 bekam er den Zuschlag, war seitdem mit der Stadt per Honorarvertrag verbandelt. Auch Müller arbeitete seitdem freiberuflich als Quartiersmanager. Umso mehr ärgert die beiden der Punkt, der jetzt wohl zum Bruch geführt hat. „Wir sollten als Freiberufler der verlängerte Arm der Stadtverwaltung in Gorbitz sein“, beschreibt es Müller. „Es kam gar nicht gut an, wenn wir hier unser eigenes Ding gemacht haben.“

Kompetenzen überschritten?

Die Probleme begannen 2014. Mit dem Einzug der ersten Asylbewerber in die Häuser an der Sanddornstraße brodelte es in Gorbitz. Die Bürger wollten Informationen. „Die Stadt reagierte allerdings nur zögerlich“, erinnert sich Krause. Also luden die Quartiersmanager Sozialarbeiter, Kirchenvertreter, die Verantwortlichen der großen Vermieter in Gorbitz und auch Vertreter der Stadt zu einer Konferenz ein. „Wir wollten gemeinsam beraten, wie wir das Thema Asyl anpacken können.“ Als die ersten Zusagen eintrudelten, mussten sie die Sache jedoch wieder abblasen. „Das Stadtplanungsamt teilte uns mit, dass wir mit der Einladung unsere Kompetenzen überschritten haben“, so Müller. Das Treffen fand nicht statt.

Seitdem hatten sie das Gefühl, dass das Verhältnis zur Stadt immer schlechter wird. Auf die Verlängerung ihres Vertrags warteten sie im vergangenen Jahr mehrere Monate. „Wir bekamen wöchentlich nur noch 21 Stunden bezahlt“, erklärt Krause den Inhalt. Viel weniger als vorher. „Mit diesen zeitlichen Vorgaben kann hier im Stadtteil eigentlich nicht mehr viel angepackt werden.“

Sie setzten sich trotzdem weiter für Gorbitz ein und widmeten sich auch dem Asylthema. Jeden Mittwoch konnten Bürger in eine Sprechstunde kommen und ihre Fragen dazu loswerden. Was sie inhaltlich alles leisteten, dafür interessierte sich das Amt jedoch weniger. „Früher gab es regelmäßige Treffen, in denen es darum ging, was wir hier eigentlich machen“, erläutert der Sozialpädagoge Wolfgang Müller. Er habe jedoch das Gefühl, dass dieses Interesse deutlich nachgelassen hat. Umso überraschter war er, als er in der neuen Ausschreibung für das Quartiersmanagement etwas von Integrationsaufgaben las, die nun vor Ort notwendig werden. „Das sind doch Dinge, die wir in den neun Jahren schon immer mitgemacht haben.“

Ortsbeiräte kritisieren Stadt

So sieht es auch ein Teil der Cottaer Ortsbeiräte. Die Vertreter von SPD, Linken, Grünen und Piraten wandten sich nun mit einem offenen Brief an die Verwaltung, in dem sie die Entscheidung für ein neues Quartiersmanagement missbilligen. „Wie wenig sensibel die städtischen Verantwortlichen in dieser Sache vorgegangen sind, lässt sich am Zeitpunkt der Neubesetzung ablesen“, steht darin geschrieben. Gerade in der jetzigen Situation wären in Gorbitz Feingefühl für die soziale Struktur und das Vertrauen der Bewohner wichtig. Müller und Krause hätten sich beides in den vergangenen Jahren erarbeitet.

Das Stadtplanungsamt sieht das auf Nachfrage unkritisch. Ab 1. Juli wird ein neues Quartiersmanagement seine Arbeit aufnehmen. „Das besitzt auch hinsichtlich der Integration von Asylbewerbern bereits Erfahrungen, sodass gegenüber dem bisher Erreichten kein Qualitätsverlust zu erwarten ist“, so Stadtsprecherin Nora Jantzen. Warum die Trennung vom bisherigen Team erfolgt, dafür gibt es keine klare Antwort. Die Stadt verweist lediglich auf die neuen Anforderungen im sozialen Bereich. Ob die Qualifikation von Krause als Geograf und Müllers Erfahrungen als Sozialarbeiter für künftige Aufgaben im Stadtteil nicht mehr ausreichten – kein Kommentar.

Uwe Krause und Wolfgang Müller schließen heute das Büro an der Höhenpromenade zum letzten Mal zu. Eine offizielle Übergabe an einen Nachfolger wird es nicht geben. Ob es das Westhangfest wieder geben wird, die nächste Westhangpost erscheint? Sie wissen es nicht. „Es ist alles sehr traurig, wie das hier gelaufen ist“, sagt Krause am Ende. Er wird ein Auge auf Gorbitz haben, verspricht er. Ein Abschied bleibt es aber dennoch.