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Stadt hat Pappe satt

Wer in Dresden unterwegs Kaffee trinken will, soll seinen Becher mitbringen. Das spart Geld und Müll und soll schick werden.

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© Christian Juppe

Andreas Weller

Dresden. Der Kaffee auf dem Weg zur Arbeit, in der Mittagspause oder einfach so zwischendurch: Seit Jahren wird auch in Dresden Kaffee zum Mitnehmen getrunken. Für die Anbieter ein lukratives Geschäft, für die Stadtverwaltung ein Gräuel – zumindest wenn das Getränk einfach in einen Einwegbecher gelassen wird, der später auf der Straße oder im Papierkorb öffentlicher Plätze landet. Das Problem ist die Menge. Die Deutsche Umwelthilfe schätzt, bundesweit werden pro Jahr 2,8 Milliarden Pappbecher entsorgt – ein gigantischer Müllberg, der sich da anhäuft.

Wie viele Becher es in Dresden sind, kann Thomas Kügler derzeit noch nicht genau sagen. Kügler ist Abteilungsleiter für Abfallwirtschaft und lässt gerade eine Papierkorbanalyse durchführen. Die Ergebnisse werden Mitte Oktober erwartet. Aber es dürften etwa 50 000 Becher pro Tag weggeworfen werden, im Jahr sind das mehr als 18 Millionen Pappgefäße. Diese machen mittlerweile etwa ein Viertel des Mülls aus, der aus öffentlichen Papierkörben entsorgt werden muss. „Das ist ein Umweltproblem und eine Frage von Ordnung und Sauberkeit – wenn die Körbe überquellen“, so Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne).

Die Lösung sei einfach, meint Jähnigen: Mehrwegbecher. Deshalb hat die Verwaltung Kaffeeanbieter in der Stadt befragt, ob sie auch mitgebrachte Behälter füllen oder dies künftig würden, wenn Getränke mitgenommen werden. Demnach machen das bereits mehr als 70 Cafés, Bäckereien und Gaststätten. Das sind etwas mehr als 60 Prozent der Befragten. 22 Prozent würden künftig gerne Mehrwegbecher füllen und 17 Prozent lehnen dies ab. Die, die nicht mitmachen wollen, haben demnach hygienische Bedenken.

Cafébetreiber, die bereits mitmachen, geben häufig sogar Rabatt auf das gekaufte Heißgetränk. Bei der Bäckerei Möbius läuft das beispielsweise so: Wer einen Mehrwegbecher bei der Bäckerei mit 15 Filialen in Dresden kauft, zahlt 8,99 Euro und bekommt das erste Getränk gratis. Wer diesen oder einen anderen Mehrwegbecher auffüllen lassen will, erhält 20 Cent Rabatt. „Wir haben die Kosten für Einwegbecher in den Kaffeepreis einkalkuliert“, so Chef Mathias Möbius. Pappbecher und Plastikdeckel kosten demnach eben 20 Cent pro Stück. In ihren bundesweit 51 Filialen gehen pro Jahr etwa 250 000 Becher über die Tresen. Der Bäcker spart den Becher und der Kunde die Kosten dafür.

Noch mehr Rabatt gewährt die Kaffee-Kette Starbucks. „Wir tragen ja einen Großteil zum To-Go hier bei“, sagt Dirk Linsen, Chef in Dresden. Etwa 450 000 Pappbecher geben die Dresdner Filialen pro Jahr heraus. Der Konzern wolle zur Reduzierung des Mülls beitragen. Laut Linsen zahlt er für einen Becher fünf Cent, gewährt aber 30 Cent Rabatt, wenn der Kunde mit einem Mehrwegbecher kommt. Die Spanne der Rabatte liegt laut Kügler bisher bei zehn bis 50 Cent pro Heißgetränk.

Da bisher etwa fünf bis zehn Prozent der Kunden ihren Becher mitbringen, will die Stadt dies befeuern. Für eine lokale Steuer auf Einwegbecher gebe es keine Grundlage, ebenso scheide ein Verbot aus, sagt Bürgermeisterin Jähnigen. Stattdessen will sie Verkäufer und Kunden animieren, mitzumachen. Die ersten Anbieter haben jetzt Aufkleber von der Stadt bekommen. Auf denen steht, dass Mehrwegbecher willkommen sind. „Es gibt auch Restaurants, die ein Pfandsystem einführen wollen“, so Jähnigen. Das seien aber einzelne, und die Stadt könne kein zentrales System aufbauen. Freiwilligkeit sei die beste Lösung.

Bäcker Möbius hat bereits Erfahrung damit. Bereits vor mehr als 15 Jahren hat er Baumwolltaschen für Brötchen eingeführt. Diese kosten 1,50 Euro pro Stück und Stammkunden würden diese immer wieder mitbringen. Das spart klassische Brötchentüten aus Papier – und Müll. „Wir verkaufen jedes Jahr rund 1 000 bis 2 000 der Baumwollbeutel“, sagt Möbius. Mehrwegtaschen zum Einkaufen seien auch im Trend, betont Jähnigen. „Nun soll es in Dresden schick werden, den Mehrwegbecher mitzubringen.“ Wie viel Müll sie so einsparen will, konnte Jähnigen noch nicht sagen. Aber es geht um viele Tonnen und Müllgebühren für die Dresdner.