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Staatskanzlei lässt Kupfergegner abblitzen

Die Bürgerinitiative reist ins Zentrum der sächsischen Macht. Doch die hält Deschka für geeignet – als Versuchslabor.

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Von Jenny Thümmler

Deschka. Auch wenn der Bohrturm zwischen Deschka und Zentendorf längst abgebaut und von der Probebohrung nach Kupfer nichts mehr zu sehen ist, bleibt die Lausitzer Initiative gegen Rohstoffpiraterie nicht tatenlos. Zum Beispiel haben sich Steffen Meier, Holger Mantel und Gabriele Menschner als Vertreter gemeinsam mit Franziska Heß vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) die Verfahrensakte der Erkundungsbohrung angesehen. Dafür waren sie beim Sächsischen Oberbergamt in Freiberg. Die genaue Auswertung läuft noch, teilen die Mitstreiter mit, weitere Probebohrungen bei Kahlemeile, Dunkelhäuser und Rietschen erscheinen ihnen nach diverser Akteneinsicht aber als sicher.

Schon seit Monaten kämpft die Bürgerinitiative gegen den geplanten Rohstoffabbau in Neißeaue. Karin Pavel (vorn links) und Ivonne Obst-Mantel (hinten Mitte) waren jetzt in der Staatskanzlei eingeladen.
Schon seit Monaten kämpft die Bürgerinitiative gegen den geplanten Rohstoffabbau in Neißeaue. Karin Pavel (vorn links) und Ivonne Obst-Mantel (hinten Mitte) waren jetzt in der Staatskanzlei eingeladen. © Pawel Sosnowski/80studio.net
Transparent gegen Kupferabbau
Transparent gegen Kupferabbau © nikolaischmidt.de
Transparent gegen Kupferabbau
Transparent gegen Kupferabbau © nikolaischmidt.de

Genehmigungsanträge für diese Arbeiten liegen jedoch noch nicht vor, heißt es derweil aus der Sächsischen Staatskanzlei. Dort waren Karin Pavel und Ivonne Obst-Mantel als Vertreter der Bürgerinitiative. Pfarrer Erdmann Wittig aus Görlitz als Vertreter der evangelischen Kirche sowie wieder Franziska Heß vom BUND haben sie begleitet. Die Staatskanzlei hatte die Bürgerinitiative eingeladen. Bis nach Dresden war die Nachricht von den Befürchtungen wegen eines möglichen Kupferbergbaus in Deschka gedrungen. „Das intensive Gespräch war sachlich und konstruktiv“, teilt Pressereferentin Maria Müller mit. Viele Informationen, Sorgen und Überlegungen seien dabei besprochen worden. Die Mitarbeiter der Staatskanzlei können den Wunsch der Neißeauer nach einem offenen Dialog mit der Bevölkerung vor Ort und einer transparenten Informationspolitik für ein mögliches weiteres Verfahren nach der Probebohrung gut nachvollziehen, erklärt Müller und versichert: „Wir werden bei allen Beteiligten auf eine entsprechende Vorgehensweise drängen.“

Das Fazit der Bürgerinitiative zum Treffen fällt weit weniger positiv aus. „In dem zweieinhalbstündigen Gespräch konnten die von uns vorgebrachten Befürchtungen in Sachen geplantem Rohstoffabbau in der Lausitz leider nicht entkräftet werden“, heißt es in einem Schreiben der Initiative. „Im Gegenteil.“ Unbestritten befürworte das Land Sachsen den unterirdischen Abbau von Rohstoffen, soweit dies technisch möglich sei. Die KGHM Kupfer AG, die die Probebohrung bei Deschka in Auftrag gegeben hatte, sei aus Landessicht der geeignete Partner. Hauptsorge der Anwohner ist also nach wie vor eine bleibende Verunreinigung von Böden und Grundwasser, weil das Kupfer mit der noch weitgehend unerforschten Methode Biofracking aus der Erde geholt werden soll. Dabei wird eine mit Bakterien versetzte Lauge durchs Gestein gespült, die die gesuchten Rohstoffe auswäscht und nach oben bringt.

Besonders ärgerlich für die Menschen aus Neißeaue: Auf die Frage, warum die Lausitz Versuchslabor sein soll, habe ein Vertreter der Staatskanzlei geantwortet, dass man doch mal einen Perspektivwechsel machen und sich in die Lage der KGHM versetzen solle. Solche Versuche seien im dicht bebauten Leipzig beispielsweise nicht machbar wegen zu viel Widerstands. In der dünn besiedelten, ohnehin vom Bergbau geprägten Lausitz sei das anders.

Für die Bohrungsgegner bleibt also die Sorge vor nicht abschätzbaren Gefahren für Umwelt und Gesundheit, vor Wegzug, etlichen Bohrtürmen und einer späten Renaturierung, die viele wohl nicht mehr erleben werden. Sie führen auch die mögliche Vernichtung von Existenzen, die auf Tourismus hofften, ins Feld. „Der Gewinner ist wie so oft der dahinterstehende Konzern, sicher nicht der Bürger, sicher nicht die Natur“, so die Initiative, die derzeit auch dabei ist, einen Verein zu gründen, um noch mehr Mitstreiter zu vereinen.

Was nun genau bei der Probebohrung herausgekommen ist, ist derweil noch offen. Das Bergbau-Unternehmen KGHM hat seinen eigenen Terminplan über den Haufen geworfen. Eigentlich sollten die Ergebnisse nach der Analyse des Bohrkerns in Kanada Ende August vorliegen. Nach einem Wechsel an der Vorstandsspitze heißt es nun, dass die Ergebnisse erst in den nächsten Tagen erwartet werden. Offiziell wird das weitere Vorgehen des polnischen Mutterkonzerns wohl erst im Oktober bekannt gegeben.