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Staatsanwaltschaft mit neuem Chef

Josef Bauer steht jetzt an der Spitze der Behörde in Görlitz. Er hat eine heikle Mission.

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© Nikolai Schmidt

Von Ralph Schermann

Görlitz. Jetzt wird abgerechnet. Zur Verabschiedung des alten und zur Amtseinführung des neuen Chefs der Görlitzer Staatsanwaltschaft erwiesen sich am Freitag die Festredner als Rechenkünstler. Sie erwähnten, dass Martin Uebele vor zehn Jahren diese Leitungsfunktion übernahm, sie exakt hundert Monate lang ausübte, seit zehn Monaten wieder weg ist und in der neuen Funktion am Amtsgericht Chemnitz noch hundert Monate „berufliche Restlaufzeit“ vor sich hat. Da rechnete schnell auch der neue Leitende Oberstaatsanwalt, Josef Bauer, nach: 55 Monate wird er in Görlitz sein. „Dann wechsle ich in den Ruhestand.“

Bis dahin gibt es für den neuen Mann an der Spitze der Oberlausitzer Staatsanwaltschaft reichlich Arbeit. Vor allem rechnet der sächsische Justizminister, Sebastian Gemkow (CDU), damit, dass er „das Markenzeichen dieser Behörde pflegt, nämlich die beeindruckende Zusammenarbeit mit Staatsanwälten in Polen und Tschechien.“ Auch Klaus Fleischmann rechnete. Mehr noch, der sächsische Generalstaatsanwalt geht in den nächsten Tagen in Pension und bezeichnete seine Bitte an Josef Bauer als „letzten Wunsch“: „Versuchen Sie, dass die Mitarbeiter in Görlitz und Bautzen auch persönlich zusammenkommen.“ 2012 war die Bautzener Staatsanwaltschaft als eigenständige Behörde geschlossen und als Außenstelle zu Görlitz angegliedert worden. „Das ist funktionell gut gewachsen, aber emotional sowohl bei Mitarbeitern noch nicht geglückt als auch auf der politischen Ebene noch nicht durch“, plauderte der scheidende General aus dem Nähkästchen.

Zuletzt am Landgericht Chemnitz

Er gab damit sogar Martin Uebele eine Steilvorlage, der verriet: „Ich habe diese Fusion nach besten Kräften begleitet, die Vorteile wollen sich mir aber bis heute nicht erschließen.“ Zur zweiten Herausforderung in seiner Amtszeit zählt er den Wegfall der Grenzkontrollen im Schengen-Raum 2007, kurz nachdem er die Leitung der Görlitzer Behörde übernommen hatte.

Uebele wurde 1959 in Hechingen geboren. Nach Abschluss seiner juristischen Ausbildung 1988 begann er seine berufliche Laufbahn in der Justiz des Landes Baden-Württemberg. Im Dezember 1991 erklärte sich Martin Uebele bereit, beim Aufbau der Justiz im Freistaat Sachsen mitzuwirken, weilte schon damals auch in Görlitz, als die Staatsanwaltschaft noch am Postplatz ihren Sitz hatte.

Jetzt gibt es in Görlitz und in Bautzen 127 Mitarbeiter, darunter 43 Staatsanwälte. Ihnen steht nun Josef Bauer vor. 1955 in Neukirchen geboren, trat er 1985 in den höheren Justizdienst Bayerns ein und wechselte fortan Funktionen an Staatsanwaltschaften und Gerichten. Zuletzt war er Vizepräsident am Landgericht Chemnitz. Dort rechneten manche Kollegen falsch: „Sie fragten, ob ich zum Senioren-Probewohnen nach Görlitz ginge?“ Nein, bestätigte Justizminister Gemkow: „Er übernimmt eine funktionierende Behörde.“

Zu tun gibt es genug, versicherte Martin Uebele: „Wir spüren, dass das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung seit Jahren deutlich steigt.“ Das sei zugleich ein Auftrag an alle, die zur Feier im Großen Schwurgerichtssaal des Landgerichtes Platz genommen hatten – Justiz, Polizei, Zoll, Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik. Die getragene musikalische Umrahmung durch ein Cello-Quartett der Musikschule Görlitz schien dazu genau passend und sorgte zudem für eine Überraschung am Rande, mit der keiner gerechnet hatte: Während Prozessbeobachter wegen teils kaum verständlicher Vorträge diesen Saal nicht mögen, verhalf die Kassettendecke den vier Musikern zu feinen Klangfarben und überzeugte mit erlesener Akustik.