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Sprühen für Meißen

Fassadenkünstler aus Potsdam waren in Meißen wieder am Werk. Ihre Mission gegen illegales Graffiti setzen sie schon im Herbst fort.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Meißen. Den letzten Klecks Acryl-Lack sprüht Benjamin Braune am frühen Mittwochabend auf die nun bunte Fläche des Hochbehälters der Meißner Stadtwerke (MSW) nahe des Bosel-Aussichtspunktes. In den letzten zweieinhalb Tagen hat der 34-jährige Künstler der Potsdamer Firma „Art-Efx“ mit Kollege Daniel Sierig ganze Arbeit geleistet.

Aus der schnöden weiß-grauen Fassade ist eine detailgetreue, realistisch anmutende Landschaft geworden. „Wir haben uns in Abstimmung mit den Stadtwerken auf ein Naturmotiv geeinigt, das in die schöne Gegend passt“, sagt Braune. Es zeigt eine steinerne Fußgängerbrücke mit darunter liegendem Gewässer, Bäumen und Grünpflanzen. Auch ein Tier des Waldes versteckt sich in dem fertigen Kunstwerk.

„Wir schätzen die wunderbaren Abbildungen und sind bereits seit 2010 von der Arbeit von Art-Efx begeistert“, sagt Stadtwerke-Sprecherin Lilly Schneider. Seit dem hat der Versorger schon diverse Trafos und Stromkästen im Stadtgebiet zur Verschönerung in Auftrag gegeben – unter anderem auf der Altstadtbrücke, der Ossietzkystraße, am Plossenweg oder der Elbtalstraße. Überall gestalten die Fassadenkünstler mit engem Bezug zur Umgebung. So steht etwa am Moritzburger Platz ein Verteilkasten mit dem Schloss Moritzburg darauf und am linkselbischen Kopf der Elbtalbrücke befindet sich seit August 2015 auf einem Verteilerkasten ein einsamer Fischer.

Solche authentischen Motive kommen bei den Meißnern gut an, sagt Schneider. Hintergrund der Kooperation mit Art-Efx ist, dass die Graffiti-Malereien Schmierfinken davon abhalten sollen, die sonst trist daherkommenden Trafohäuschen zu verschandeln. Das habe sich in den letzten Jahren bis auf wenige Ausnahmen auch bewährt. Dieses Mal sind die beiden Künstler drei Tage in Meißen gewesen. Das Unternehmen Art-Efx, für das sie bundesweit unterwegs sind, gibt es seit 2003. „Damals haben sich mehrere kleine Gruppen, darunter viele freischaffende Künstler, zu einem großen Team zusammengeschlossen“, sagt Braune. Inzwischen würden er und seine Kollegen vielerorts zwischen Bayern und Ostsee gebucht. Art-Efx verfügt heute über 15 Mitarbeiter und vier Auszubildende.

Bevor sich die immer in Zweier-Teams arbeitenden Kunsthandwerker an einer Fläche verewigen, streicht ein Maler der Firma diese mit einer Grundfarbe vor. „Etwa eine Woche danach machen wir uns an die Arbeit. Was wir genau sprayen, sprechen wir natürlich mit dem jeweiligen Auftraggeber ab“, erklärt der Künstler.

Die Entwürfe stammen teilweise aus dem Internet oder werden aus der Realität übernommen. Danach erstellen und bearbeiten Grafiker und Gestalter Foto-Kollagen, kommen Grafikprogramme zum Einsatz, bis das fertige Motiv klar ist. Dieses anzubringen, sei dann die Herausforderung, sagt Daniel Sierig.

Den ganzen Tag auf einer Leiter zu stehen und mit wechselweise angewinkeltem oder ausgestrecktem Arm zu arbeiten, habe es durchaus in sich. „Da weiß man am Ende des Tages, was man gemacht hat“, sagt der 36-Jährige augenzwinkernd.

Bevor selbst kleinste Flächen mit äußerster Genauigkeit mittels der vielfarbigen Acryl-Lacke an die Wand gebracht werden, kommen zum Vorzeichnen sogenannte Lack-Marker für die ganz feinen Abschnitte zum Einsatz.

Erst danach beginnt das Aufbringen des Graffiti. Dabei tragen die Arbeiter eine Schutzmaske gegen die giftigen Dämpfe der Lacke. Für die Umwelt sei ihre Kunst aber nicht schädlich. Im Gegenteil: „Wir hinterlassen weder Dreck noch irgendwelche Substanzen am Arbeitsort“, nennt Brauner die Vorteile der Arbeit mit den Graffiti-Dosen. Die entstandenen Bilder halten nun fünf bis zehn Jahre. Jährlich schaffen es die Künstler von Art-Efx etwa 30 bis 50 Flächen zu verschönern.

In Meißen sind es bisher schon 25 verschiedene. Und bereits im Herbst kommen wir einige Tage wieder her“, so Braune. Dann sollen Trafos und Verteilerkästen an der Zaschendorfer Straße, Talstraße und Ferdinandstraße ein passendes, neues Antlitz bekommen.