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Sportschützin wehrt sich gegen Diffamierung

Lysann Günzel sieht sich und ihren Freizeitsport missachtet – ausgerechnet von ihrem Schulleiter.

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© Anne Hübschmann

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Schönfeld. Gegen den Schönfelder Oberschulleiter Klaus Backen läuft eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Familie Günzel aus Brockwitz hat sie bei der Bildungsagentur eingereicht. Ihre Tochter Lysann geht in die zehnte Klasse der Schönfelder Schule. Und sie ist Sportschützin. Mit dem Inhalt der Beschwerde hat sich die 16-Jährige auch an Kreisschützenmeister Alois Langwieser aus Sacka gewandt. Von einer Anzeige bei der Polizei hat sie vorerst abgesehen.

Ausgangspunkt ist ein Vorfall, der etwa ein Jahr zurückliegt. Zum Zeitpunkt des vorherigen Tages der offenen Tür in der Schule soll Klaus Backen zu Lysann gesagt haben, sie werde wohl zur Amokschützin ausgebildet. Anlass war wahrscheinlich ihre Präsentation von Waffen und Ausrüstung an dem öffentlichen Tag in der Schule. Damals gab es noch die Arbeitsgemeinschaft Sportschießen, die vorgestellt wurde – mit Billigung von Schulleiter Backen.

Für dessen vermeintliche Aussage gibt es keine Zeugen. Dennoch sehen Familie Günzel und auch der Kreisschützenmeister darin eine Haltung des Schulleiters bestätigt, die ihnen freilich gar nicht gefällt. „Wenn Lysann zur Amokschützin ausgebildet würde, wären alle Sportschützen potenzielle Amokschützen“, schlussfolgert Alois Langwieser und greift damit ein immer wiederkehrendes Vorurteil gegen Schützenvereine auf.

Allerdings gibt es dafür in Schönfeld keinerlei Anhaltspunkte. Lysann ist eine leistungsstarke Schülerin, die in diesem Jahr wahrscheinlich einen guten Schulabschluss schaffen wird. Sie erhielt 2015 eine Auszeichnung als beste Schülerin, ist Schülersprecherin und in der Schulkonferenz. Für den Schützensport wurde Lysann ausgewählt, weil sie ein „ruhiges Wesen“ hat und kein Hitzkopf ist. Deshalb hat sie es im Schießen schon weit gebracht. Sie schaffte als Mitglied des Schönfelder Schützenvereins einen dritten Platz beim Landes-Königsschießen und wurde 2016 auch Kreisschützenkönigin in der Jugendklasse. Die 16-Jährige ist im Schützenkreis Röder-Mulde als Kreisdamenmeisterin im Vorstand.

Vom Schulleiter selbst ist zu den Vorwürfen nichts zu erfahren. Klaus Backen verweist auf Nachfrage auf die laufende Ermittlung durch die Bildungsagentur. Gegenüber dem Schönfelder Bürgermeister Weigel als Vertreter des Schulträgers erklärte Backen, dass er den Satz so nicht gesagt hätte. Außerdem wäre alles schon ausgeräumt, was augenscheinlich nicht stimmt. Pikanterweise ist Hans-Joachim Weigel selbst Vorsitzender des Schönfelder Schützenvereins und steht hinter Lysann.

Aufhellend ist in dem Zusammenhang die Meinung von Paul Seifert, heute 23 Jahre alt und früherer Schüler der Oberschule. Auch er war mal als erfolgreicher Schütze aus der Schul-AG mit einem Luftgewehr in der Zeitung abgebildet. Danach soll Schulleiter Klaus Backen gesagt haben, das sehe ja aus wie in „Che Quevara-Pose“. „Das habe ich als negativ aufgefasst“, sagt Paul Seifert und erklärt, dass er das damals nur deshalb nicht habe aufklären lassen, weil er sich als Schüler nicht in der Lage dazu fühlte. „Herr Backen hat sich nicht groß um die AG Schießen gekümmert, er hat sie trotz Erfolgen auch nicht besonders hervorgehoben“, im Gegensatz zu anderen Leistungen von Schülern, so der ehemalige Schüler. Laut Paul Seifert hat Klaus Backen eine Abneigung gegen den Schießsport. Er duldete die AG nur – vielleicht auch als Zugeständnis an den Schönfelder Bürgermeister?

Bisher konnten sich Klaus Backen und Familie Günzel nicht aussöhnen. Eine Aussprache mit den Eltern endete in lautem Streit. Zwar hat sich Backens Verhältnis zu Lysann normalisiert, nachdem er ihr vor den Eltern gedroht hatte: „Ich werde mir deine Arbeiten sehr genau ansehen.“ Doch für die Zehntklässlerin ist die Sache nicht abgeschlossen. Das sieht neben Bürgermeister Weigel auch Lysanns Trainer Klaus Bernhardt so. Dem hatte die Schülerin sofort von der Amokschützen-Äußerung erzählt. „Ich glaube ihr“, so der Trainer. Auch Alois Langwieser steht auf Lysanns Seite. Der Kreisschützenmeister hat den Vorgang bei allen möglichen Ämtern öffentlich gemacht: Kultusministerium, Landessportbund, sächsischer Schützenbund, Landesschülerrat und Landrat. Bisher schrieb nur der Landessportbund zurück, dass der Vorfall „ärgerlich“ wäre, man aber keine Handhabe hätte. Und vom Landratsamt kam der Hinweis, sich doch an die Bildungsagentur zu wenden. Lysann Günzel meint, ihr laufe die Zeit davon, denn im Sommer wird sie die Schule verlassen. Die Brockwitzerin will einfach nur eine Entschuldigung.