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Spitzenkräfte in Streumen

Seit reichlich 15 Jahren treffen sich Frauen im Ort und klöppeln gemeinsam. Männer lassen sich kaum blicken – genießen in der Runde aber einen guten Ruf.

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© Eric Weser

Von Eric Weser

Wülknitz. Mindestens ein Mal die Woche wird es eng auf der Dorfstraße – wenn die Autos der Handarbeitsgruppe vorm Pfarrhaus parken. Seit reichlich 15 Jahren trifft sich die Truppe um Leiterin Christine Schwabe in Streumen. Die Frauen kommen aus Wülknitz, Nünchritz, Großenhain – eine nimmt aber sogar eine Anfahrt von Brandenburg auf sich.

Monika Richter hat es aus Zeithain nicht ganz so weit, brauchte aber das Internet, um auf die Gruppe aufmerksam zu werden. Über ein Handarbeitsforum stieß sie auf die Vorstellung der Streumener. Schnell war klar, dass es sich um das Dorf in der Nachbarschaft handeln musste. Seither kommt Monika Richter ’rübergedüst, um zu klöppeln.

Es ist vor allem diese Form der Handarbeit, die die Frauen wöchentlich für gute zwei Stunden in Streumen zusammenbringt. Ganzschlag, Leinenschlag und zig andere Klöppeltechniken haben die Teilnehmerinnen drauf. Alle Techniken kennt aber keine, nicht mal Kursleiterin Christine Schwabe mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung. Zu groß ist die Vielfalt an Möglichkeiten, die Fäden miteinander zur typischen, feinen Spitze zu verflechten.

Unter den flinken Händen der Frauen entstehen in Streumen alle möglichen Motive: Weihnachtssterne, Osterhasen, Vögel, Glocken. An Mustervorlagen – den Klöppelbriefen – gibt es keinen Mangel. Und auch, was das Garn angeht, kennt die Vielfalt kaum Grenzen. Bei Klöppeltreffen decken sich die Frauen regelmäßig mit schönen Fäden ein – die sie wohl nie alle in Motive werden umsetzen können. „Wir haben genug für zwei Leben“, scherzt Monika Moos aus Großenhain.

Was die Damen an der Handarbeit schätzen, ist eine beruhigende Wirkung, die mit der Konzentration aufs Verweben der Fäden einhergeht. Aber Ruhe ist nicht mit Stille zu verwechseln: Wenn sich die Klöppelgruppe trifft, wird natürlich erzählt – von der Arbeit, Familie, Urlaub. Und ausgetauscht werden nicht nur Klöppel-Kniffe und andere Handarbeits-Hinweise, sondern auch Kochrezepte und Klatsch. Ein Höhepunkt ist der jährliche „Klöppelurlaub“ der Truppe im Herbst. Dann sind die Frauen statt ein paar Stunden eine ganze Woche lang unter sich.

Auch wenn die Streumener Runde von reifen Damen dominiert ist: Männer sind durchaus willkommen – nicht nur als Zuschauer. „Wir hatten mal einen dabei, der hat das besser als seine Frau gemacht“, erzählt Sigrune Walter, die aus Streumen kommt und seit 2003 dabei in der Runde dabei ist. Auch auf Klöppeltreffen gäben sich hin und wieder Herren als kundige Klöppler zu erkennen – wenn auch manchmal etwa verstohlen. Woran es der Gruppe außerdem mangelt, ist Nachwuchs.

Was die Streumener Gruppe an Klöppelspitzen herstellt, geht nicht samt und sonders ans eigene Umfeld, auch wenn Verwandte und Freunde wichtige Abnehmer sind. Einen Teil ihrer Stücke verkaufen die Frauen auf Märkten wie dem Regionalmarkt des Elbe-Röder-Dreiecks. Mit den Erlösen unterstützen sie auch wohltätige Zwecke. Zuletzt flossen mehr als 600 Euro ans Kinderhospiz Mitteldeutschland. Auch dieses Jahr soll es wieder eine Spende geben.