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Speed-Dating unter Nachbarn

Viele Menschen leben in der Großen Kreisstadt nebeneinander her. Jetzt gab es einen Versuch, daran etwas zu ändern.

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© Kamprath

Von Mandy Schaks

Dippoldiswalde. Oberbürgermeister Jens Peter (Freie Wähler) verließ am Dienstagabend den Großen Parksaal in Dippoldiswalde mit einem Packen gelber Karten. Darauf standen Aufgaben, was zu tun ist, damit Dippser und Neu-Dippser gut miteinander leben. Peter hätte die Karten nicht unbedingt gebraucht. An Papier, so ließ er durchblicken, mangelt es auf seinem Schreibtisch nicht. Und er hatte auch so verstanden – die Stadtverwaltung ist gefordert, der Oberbürgermeister am Zug, um ein Integrationskonzept zu erarbeiten. „Eine Verwaltung ist nicht für alle Problemlösungen da“, sagte er zwar. Aber sie könne etwas anschieben und Impulse setzen. Deshalb werde er mit Unterstützung von Stephan Härtel, dem Beauftragten für Migration und Integration des Landkreises, ein solches Konzept in seinem Haus auf den Weg bringen, dabei auf die Erfahrungen des Dippser Willkommensbündnisses zurückgreifen und auch Flüchtlinge einbeziehen.

Das ist das wichtigste Ergebnis einer Gesprächsrunde, die das Willkommensbündnis angeregt hatte und dafür mit der Friedrich-Ebert-Stiftung sozusagen einen neutralen Partner, eine Art Moderator gewinnen konnte. In Dipps, so erläuterte Oberbürgermeister Peter, leben 185 Flüchtlinge, die meisten – nämlich 166 – in der zentralen Unterkunft in Schmiedeberg. „Die Zahlen sind in den letzten Monaten in etwa konstant geblieben“, sagte er. Doch was ist mit diesen Menschen? Sie sind da, aber sind sie auch angekommen? „Wir reden viel übereinander statt miteinander“, sagte Thilo Schöne von der Stiftung. Diese wollte deshalb eine Plattform schaffen, um in einen Dialog auf Augenhöhe zu treten. Um das zu erleichtern, gab es eine Café-Atmosphäre. 14 Tische waren aufgestellt, an denen die Besucher Platz nehmen und miteinander reden konnten. Gesprächspartner wie Jens Peter oder Stephan Härtel wechselten die Tische, um mit Besuchern zu sprechen – ein Speed-Dating der anderen Art, diesmal unter Nachbarn. Etwa 50 Besucher ließen sich auf diese Form des Austausches ein. Es wurde ruhig und sachlich diskutiert, was auch daran lag, dass die Menschen, die helfen wollen, unter sich blieben. So lernten sich zumindest die verschiedenen Initiativen aus Altenberg, Dippoldiswalde, Glashütte, Pirna und Meißen kennen. „Es wird viel zu oft bei Statistiken vergessen, was am dringendsten gebraucht wird“, sagte Martin Eckstein vom Dippser Willkommensbündnis. „Das sind die sozialen Kontakte.“ Die Flüchtlinge müssen dort abgeholt werden, wo sie untergebracht sind, um sie in die Mitte der Gesellschaft zu holen, sagte er. Mehrfach wurde angesprochen, dass die Stadt mehr Initiative zeigen müsse und vom Bürgermeister mehr Rückhalt erwartet werde. Das sicherte Peter zu und hat dabei eine ganz andere Aufgabe zu lösen: Er muss seinen Stadtrat überzeugen.