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SPD fordert Hilfsfonds für unter Armutszuwanderung leidende Städte

Zuwanderung aus Osteuropa belastet die Kommunen und wird zum Zankapfel der Politik. Die Zuzugszahlen werden aber unterschiedlich interpretiert.

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© dpa

Berlin. Die unter der Armutszuwanderung aus Rumänien und Bulgarien leidenden deutschen Städten müssen nach Ansicht von SPD-Chef Sigmar Gabriel mit einem Hilfsfonds unterstützt werden. Außerdem müsse ein Sonderbeauftragter, etwa ein Staatssekretär, die Aktivitäten von Bund, Ländern und Gemeinden koordinieren, sagte er dem Magazin „Focus“. „Die Kommunen alleine sind schlicht überfordert.“

Gabriel warf der Bundesregierung Untätigkeit vor. Die zunehmende Armutszuwanderung führe in Städten wie Mannheim, Dortmund oder Duisburg schon jetzt zu erheblichen sozialen und kulturellen Verwerfungen. Wenn ab 2014 die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit gelten werde, würden die Probleme noch zunehmen. „Bislang geht die Bundesregierung mit dem Problem geradezu fahrlässig und taktisch um.“

Bulgarien und Rumänien sind seit 2007 EU-Mitglieder. Seitdem gibt es in Deutschland einen kontinuierlichen Anstieg des Zuzugs aus diesen osteuropäischen Ländern. Im vergangenen Jahr kamen nach einer Statistik des Bundesinnenministeriums von Januar bis einschließlich Oktober 153 313 Zuzügler aus den beiden Ländern. Damit überstieg deren Zahl in nur neun Monaten die Summe des gesamten Vorjahres deutlich - 2011 waren rund 146.000 Rumänen und Bulgaren nach Deutschland gekommen. 2007 hatte die Zahl noch 63.400 betragen.

Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Gunther Krichbaum (CDU), kritisiert im „Spiegel“ Äußerungen von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) zur Ablehnung des vollständigen Schengen-Beitritts von Rumänien und Bulgarien. Deutschland dürfe qualifizierte Arbeitskräfte nicht abschrecken - über den Schengen-Beitritt müsse unabhängig von der aktuellen Debatte über den Zuzug von Roma nach Deutschland entschieden werden.

Auch die stellvertretende FDP-Bundestagsfraktionsvorsitzende Gisela Piltz betont, die Freizügigkeit sei eine Grundidee der EU, von der auch deutsche Arbeitnehmer profitierten. Friedrich hatte sein Veto unter anderem damit begründet, dass Deutschland den Ansturm auf seine Sozialsysteme stoppen müsse. Laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sind dem „Spiegel“ zufolge 2012 rund 176 000 Menschen aus Bulgarien und Rumänien nach Deutschland eingewandert und 88.000 Personen in diese Länder zurückgekehrt.

Die meisten Einwanderer seien dem Sozialstaat nicht zur Last gefallen, schreibt das Magazin. Nach vorläufigen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit seien Ende 2012 knapp 100.000 Rumänen und Bulgaren in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen und hätten Beiträge gezahlt. Die Zahl der arbeitslosen Rumänen und Bulgaren stieg um 35 Prozent auf 11.606 an, aber „die Arbeitslosigkeit in dieser Gruppe ist geringer als im Durchschnitt der ausländischen Bevölkerung in Deutschland“, sagte Herbert Brücker vom IAB dem „Spiegel“. (dpa)