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Spagat zwischen Denkmalschutz und Medizin

Die alte Post wird zum Ärztehaus umgebaut. Ins Erdgeschoss soll eine Rettungswache einziehen. Jedoch fehlt noch ein Vertrag.

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© Dietmar Thomas

Von Tina Soltysiak

Roßwein. Clemens Otto huscht durch die Räume in der alten Post in Roßwein. Der Allgemeinmediziner wird hier im kommenden Jahr mit seiner Praxis ins Erdgeschoss einziehen. Er ist regelmäßig auf der Baustelle zugange, um sich mit Projektmanagerin Gaby Zemmrich und dem freien Architekten Michael Thiel aus Ziegenhain abzustimmen. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz. „Wir müssen den Spagat schaffen zwischen den Anforderungen an eine medizinische Einrichtung, wie beispielsweise schalldichte Türen, und denen des Denkmalschutzes“, sagt Thiel.

Im Innenhof wird ein Gebäude abgerissen, damit Platz für die Rettungswache ist.
Im Innenhof wird ein Gebäude abgerissen, damit Platz für die Rettungswache ist. © Dietmar Thomas

Derzeit sind alle Decken im Hauptgebäude geöffnet. „Die Dielung hatte Feuchteschäden, deshalb wurde sie entfernt. Die Balken waren Gott sei Dank nicht betroffen“, so Thiel. Derzeit laufen die Vorbereitungen für die Dachsanierung.

Vor sechs Wochen haben die Arbeiten in dem stadtbildprägenden Gebäude begonnen. „Die Keller sind entrümpelt, trocken- und mit Ziegelsteinen ausgelegt worden“, zählt Gaby Zemmrich auf.

450 000 Euro für neue Fahrzeughalle

Im Hinterhof läuft der Abriss eines Gebäudes auf Hochtouren. „Ich bin froh, dass die Genehmigung dafür erteilt wurde. Es war wahrlich kein schöner Anblick“, sagt Roßweins Bürgermeister Veit Lindner (parteilos). An dieser Stelle wird ein Anbau errichtet, in den die Fahrzeughalle der Rettungswache einziehen soll. Das sei geplant, aber zum Bedauern von Gaby Zemmrich noch nicht in trockenen Tüchern. „Seit September wird darüber diskutiert. Es gibt Vorverträge, die sind mir aber zu vage.“ Diese deutlichen Worte hat sie an Landrat Matthias Damm (CDU) gerichtet, der sich den Umbau zum medizinischen Versorgungszentrum angesehen hat. 450 000 Euro koste allein der Bau der Rettungswache. „Wir sind froh, dass wir sie hier integrieren können, aber wir brauchen endlich eine klare Entscheidung“, fordert die Projektkoordinatorin.

Petra Wein, Abteilungsleiterin Kreisentwicklung und Bauen im Landratsamt, wirft einen kritischen Blick auf die Pläne. Denn die Wache grenzt unmittelbar an Wohnhäuser. Ob ein Lärmschutzgutachten erstellt wurde, möchte sie von Architekt Michael Thiel wissen. Noch nicht. Es könne sein, dass dies nachgereicht werden muss. Veit Lindner mischt sich ein: „Die Fahrzeuge biegen auf eine Einbahnstraße ab, sodass sie nicht mit Sondersignal losfahren müssten.“

Rund zwei Millionen Euro wird der Umbau vom ungenutzten Gebäude zum Ärzte- und Gesundheitszentrum kosten, so Gaby Zemmrich. Der Zeitplan ist straff. Im März des kommenden Jahres soll der Umzug der Praxis von Dr. Otto ins Hauptgebäude abgeschlossen sein. Im Obergeschoss wird ein Kinderarzt kleine Patienten behandeln, im Dachgeschoss eröffnet eine Physiotherapie. Das Nebengebäude, die ehemalige Paketannahme, wird ebenfalls umgebaut und neu genutzt. „Im Erdgeschoss befindet sich später die Rettungswache, im Obergeschoss eine Ergo- und Logopädie. Nur für die Nutzung des Dachgeschosses gibt es noch verschiedene Überlegungen“, sagt Gaby Zemmrich.

Die Gebäude haben ein unterschiedliches Höhenniveau. Sie sollen trotzdem barrierefrei zugänglich sein. Deshalb wird ein Fahrstuhl eingebaut. Der Zugang zu den Praxen erfolgt über den Innenhof.