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Späte Karriere

Paul Schulz begeisterte das Görlitzer Theaterpublikum, als er schon Rentner war. Jetzt ist der Sänger, Tänzer und Schauspieler mit 88 Jahren gestorben. Ein Nachruf.

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© Theater Görlitz

Von Sebastian Beutler

Görlitz. Je älter Paul Schulz wurde, umso besser wurde er auf der Bühne. Oder anders gesagt: Er musste 70 werden, um die Rolle seines Lebens zu erhalten. Der heutige Generalintendant des Theaters, Klaus Arauner, besetzte ihn in Offenbachs Operette „Ritter Blaubart“ als König Bobeche. Als Narr aller Narren tobte Schulz über die Bühne, als hätte er nie etwas anderes getan. Das Publikum jubelte. Es war eine späte, vielleicht deswegen so glückliche Verbindung, die sich zwischen dem Künstler, dem Publikum und dem Theater ergab. Noch einmal rückte ihn 2010 das Theater ins Rampenlicht, als es den bereits 81-Jährigen zum Ehrenmitglied des Hauses ernannte. Nun ist Paul Schulz mit 88 Jahren gestorben.

Am 15. Januar 1929 wurde Schulz in Berlin geboren, nach dem Krieg wollte er ans Theater. Die erste Station war das Hebbel-Theater in Berlin, wo er auch mit Klaus Kinsky auf der Bühne stand. Bereits 1956 engagierte ihn das Görlitzer Haus, das damals einen besonders guten Ruf in der Provinz besaß. Schulz wurde Chor-Sänger, und blieb es auch bis zum Ruhestand. Zusammen mit seiner Frau Iris.

Als er eigentlich seine Rente hätte genießen können, gab ihm vor allem Klaus Arauner immer wieder Rollen, in denen Schulz sein so lange verborgenes Talent ausspielen konnte. Der Gewürzkrämer in Suppés „Boccaccio“ zählte dazu, der algerische Kosarenhauptmann in Rossinis Oper „Die Italienerin in Algier“ oder auch der Conférencier im Zwei-Mann-Stück „Lola Blau“. 2003 spielte er gar in einem Kurzfilm mit Michael Gwisdek. Überall konnte er dabei die Tiefen menschlichen Empfindens ausloten: mal urkomisch bis fast ans Lächerliche, mal tod-traurig bis fast ins Unerträgliche.

Schon 1994 hatte Paul Schulz an der Seite von Peter Hedwig und Horst Jähnsch, beides Urgesteine des Görlitzer Theaters, in einer Operettenproduktion die Herzen des Publikums erobert. Der Titel des Stückes seinerzeit könnte nun auch über seinem Leben stehen: „Mich hätten Sie sehen sollen.“