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Sowjetstern wieder golden

Großenhain lässt von der Firma Thierichen das Monument auf dem sowjetischen Ehrenfriedhof instand setzen.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Mit gelber Farbe grundiert Jörg Günther von der Firma Thierichen die Konturen des 50 Zentimeter großen Sterns mit Hammer und Sichel. Danach kommt Blattgold in die Vertiefungen in etwa sechs Metern Höhe. Jörg Günther steht bei strahlendem Frühlingssonnenschein auf einem Gerüst, das rund um das Monument auf dem sowjetischen Ehrenfriedhof an der Öhringer Straße gebaut ist. Vorigen Sonnabend war das Gerüst aufgestellt worden, bald kann es wieder entfernt werden. Mit Heißwasser, Steinreiniger und Hochdruck ist das Ehrenmal gereinigt worden, auch die Fugen werden nachgearbeitet. Selbst die Granitkugel ganz oben ist wieder sauber. Nun ist noch der untere Teil des Obelisken dran, an dem eine Schrifttafel angebracht ist. „Für Freiheit und Unabhängigkeit der Heimat“ steht unter anderem in kyrillischen Buchstaben darauf. Auch hier wird Jörg Günther noch einmal mit Goldfarbe anrücken.

Das Monument im Ehrenhain ist nicht mehr lange eingerüstet.
Das Monument im Ehrenhain ist nicht mehr lange eingerüstet. © Klaus-Dieter Brühl
André Oestreicher arbeitet einen Stern auf einem Gedenkstein wieder heraus.
André Oestreicher arbeitet einen Stern auf einem Gedenkstein wieder heraus. © Klaus-Dieter Brühl

Sowjetischer Garnisonsfriedhof wurde der Ehrenhain einst genannt. Denn die Menschen, die hier beerdigt worden sind, waren laut Marcel Reichel von der Flugplatzausstellung Großenhain teilweise Angehörige der Garnison bzw. Familienmitglieder. So wie die kleine Larissa Iwanowna Warschawska. Ihr Grabstein wird gerade in der Firma Thierichen in Bauda generalüberholt. Mitarbeiter André Oestreicher malt die eingravierte Schrift in kyrillischen Buchstaben mit roter Farbe sorgfältig nach. Larissa war die Tochter eines Majors, starb 1947 noch vor ihrem ersten Geburtstag. Ein weiteres Kindergrab gehört zu Rebenok Ninswestni. Er wurde nachweislich 1947 geboren. „Neben diesen kleinen Grabsteinen haben wir auch sieben große gereinigt und gewaschen“, sagt Jörg Günther. Auch sie bekamen eine neue rote Beschriftung, mit Meißel und Hammer arbeitete André Oestreicher auch den roten Stern auf dem Aufsatz wieder hervor.

„Eigentlich wollten wir alle Arbeiten vor Ort erledigen, aber das war wegen der Witterung nicht möglich“, so Jörg Günther. Nun lagern die großen Sandsteine, die auf Sammelgräbern für 332 Tote stehen – davon sechs Frauen – noch in der Baudaer Werkstatt. Erst muss deren Untergrund gerichtet werden, bevor sie im Ehrenhain wieder aufgestellt werden können.

Vier neue Namen konnten außerdem erforscht werden. Die Sterbedaten 1. und 2. Mai 1945 sind vermerkt. Also die letzten Tage des Zweiten Weltkrieges. Vier Metallplatten wurden dafür angefertigt und kommen an die restaurierten Gedenksteine. 11 500 Euro kostet diese lange überfällige Generalsanierung. Das Geld kommt von der Landesdirektion. Die Sanierung war bereits vor zwei Jahren von der Stadt ausgeschrieben worden. Dass es erst im vorigen November losgehen konnte, liegt an der Erkrankung der zuständigen Mitarbeiterin in der Stadtverwaltung. Nach Auskunft der Stadt wurde die Maßnahme aber seit Jahresbeginn 2016 vorbereitet.

Damit soll der ab 1945 angelegte Ehrenhain wieder den würdigen Charakter bekommen, der ihm 1952 bei einer Umgestaltung verliehen wurde. Das zentrale Denkmal ist aus Meißner Granit. Doch vorher standen 97 kleine Obelisken mit Holztafeln und ebenso vielen Sowjetsternen in der Anlage. Bei der Neugestaltung 1952 kamen fünf Gedenksteine aus Sandstein auf den Platz. Ein amtlich eingesetzter Verwalter bewachte die Anlage in DDR-Zeiten und hielt sie in Ordnung. Man sprach vom „Militärfriedhof am Michaelisheim“.

Zwei Drittel der über 300 Beigesetzten waren seinerzeit unbekannte sowjetische Armeeangehörige, sprich Kriegsgefangene. Die wurden allerdings nicht wie die übrigen vom Friedhof in den separaten Ehrenhain umgebettet. Die Gefangenen stammten aus den umliegenden Lagern, auch aus dem am Großenhainer Fliegerhorst. Sie waren an den Folgen der Lebensbedingungen in der Gefangenschaft und den Arbeitsbedingungen verstorben.

Im Rahmen eines Projektes mit Jugendweihlingen konnten die Namen der Verstorbenen im Vorjahr herausgefunden werden. Die Kriegsgefangenen waren beim Ausbau des Fliegerhorstes, der Papierfabrik, der Reichsbahn und der Reit- und Fahrschule des Heeres in der Kaserne an dem Remonteplatz eingesetzt.

Ein Kleingärtner der Sparte Michaelisheim in der Nachbarschaft erzählt, dass jedes Jahr ein bis zwei Mal sowjetische Besucher zur Anlage kommen. „Es sind vermutlich Angehörige“, sagt der Mann. Die Anlage gehört immerhin zur Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain, die in der ehemaligen Sowjetunion sehr bekannt ist. Am 8. Mai, zum Tag der Befreiung, wird der gefallenen und gestorbenen Rotarmisten hier außerdem wieder gedacht. Dann sind nicht nur die Linkspartei, sondern auch Marcel Reichel und seine Freunde dabei.