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Sorgen um das Armenhaus

In der 3. Fußball-Liga steht den Klubs wirtschaftlich das Wasser bis zum Hals.

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Von Dietmar Kramer

Im Armenhaus des deutschen Fußballs herrscht zum Start nach der Winterpause am Wochenende seltene Festtagsstimmung. Das Ballyhoo um das Drittliga-Gipfeltreffen zwischen Spitzenreiter VfL Osnabrück und Top-Verfolger Karlsruher SC am morgigen Sonnabend kann allerdings nur für einige Tage von den existenziellen Sorgen mehrerer Klubs ablenken. Angesichts der prekären Lage in der „Geldverbrennungsliga“ befasst sich die Deutsche Fußball-Liga (DFL) bereits mit der Planung lebenserhaltender Maßnahmen für ihren vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) verwalteten Unterbau.

„Mit dem neuen TV-Vertrag wird der Abstand zwischen der 2. und der 3. Liga noch größer werden. Wir müssen mit dem DFB diskutieren, was man tun kann, um die Klippe nicht zu groß werden zu lassen“, sagte DFL-Boss Christian Seifert bei der Bekanntgabe von milliardenhohen Umsatzrekorden für die beiden Topligen: „Der Abstieg darf nicht bedeuten, dass man dann mit einem Bein in der Insolvenz steht.“

Schon mittendrin in der Zahlungsunfähigkeit ist Ex-Pokalfinalist Alemannia Aachen. Ligaprimus Osnabrück konnte die Insolvenz vor Monatsfrist bis auf Weiteres nur durch Millionen-Darlehen der Stadt abwenden, und bei Hansa Rostock gab die von Millionen-Schulden geplagte Führung zuletzt Garantieerklärungen auch nur noch für die laufende Spielzeit ab.

Hausgemachte Ursachen

Die Ursachen für die Misere sind vielfältig – aber in aller Regel immer auch mehr oder weniger hausgemacht. Besonders großmannssüchtige Stadionprojekte und völlig aus dem Ruder gelaufene Folgekosten haben Aachen und Osnabrück, aber auch Klubs wie die Ex-Bundesligisten Rostock und Arminia Bielefeld in Verbindung mit Management-Fehlern und überhöhten Spielergehältern aus der Bahn geworfen.

Hinzu kommen im Vergleich zur 2. Liga drastisch sinkende Einnahmen aus der TV-Vermarktung: Während die 36 Klubs in den beiden DFL-Ligen bald noch viel mehr als die derzeit 600 Millionen Euro unter sich verteilen dürfen, müssen in Liga drei 20 Vereine mit gerade einmal insgesamt 14 Millionen Euro auskommen. Die Auswirkungen der geringeren Zuschauerzahlen sind vor diesem Hintergrund beinahe schon zu vernachlässigen.

Eine Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte für die Saison 2011/12 verdeutlichte im vergangenen Herbst die Probleme. Demnach verzeichnete die 3. Liga als einzige Spielklasse mehrerer untersuchter Profiligen (Fußball, Handball, Eishockey, Basketball) einen Rückgang der Gesamterlöse, und zwar um alarmierende 11,5 Prozent. Der Umsatz aller Klubs betrug mit etwas mehr als 100 Millionen Euro nicht einmal ein Drittel des Vergleichswertes für die 2. Liga.

Entsprechend besorgniserregend sind die Bilanzwerte der „Sorgenkinder“. Aachen plant wegen einer Liquiditätslücke von 1,5 Millionen Euro einen Neuanfang in der Regionalliga, Osnabrück drückt nach einem Vorjahresminus von fast 930 000 Euro Schulden von neun Millionen Euro, und Rostock kämpft mit geschätzt sieben Millionen Euro. Aufgrund des TV-Vertrags ist eine Besserung mittelfristig kaum zu erwarten.

Das weiß man auch beim Chemnitzer FC. Der Verein muss wie alle anderen auch am 1. März die Lizenzunterlagen für das Spieljahr 2013/14 einreichen. Ob sich der Etat von derzeit 4,3 Millionen Euro erhöhen lässt, könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen, erklärte CFC-Präsident Mathias Hänel gegenüber der Freien Presse. Und er ergänzt: „Fakt ist, dass unser jetziges Budget nur zirka zwei Drittel des durchschnittlichen Etats in der dritten Liga beträgt. Diese Lücke ist zu groß, um zielgerichtet die 2. Bundesliga anzupeilen.“ Beim CFC würden 60 Prozent des Budgets in den sportlichen Bereich investiert, der damit im Ligavergleich aber nur mittelmäßig ausgestattet sei. Die Verwaltung und Nachwuchsabteilung seien im Ligavergleich dafür unterfinanziert, betonte Hänel.

Schon vor Beginn der laufenden Saison schlugen viele Klubs Alarm. „Wirtschaftlich ist das Überleben in der 3. Liga auf Dauer unmöglich“, klagte Geschäftsführer Wolfgang Gräf von Ex-Zweitligist SV Wehen Wiesbaden, sein Kollege Klaus Brüggemann vom SV Babelsberg nannte seine Klasse eine „Geldverbrennungsliga“. Engelbert Kupka, zu Erstligazeiten der SpVgg Unterhaching Präsident des Münchner Vorortklubs, sah die 3. Liga gar schon „finanziell auf der Intensivstation“.

Für Zweitliga-Absteiger ist ein schnellstmöglicher Wiederaufstieg neben dem Abschied von jeglichen Profiambitionen geradezu ein Muss. Durch diesen Zwang jedoch setzt sich die „Todesspirale“ nach Ansicht des zuständigen DFB-Direktors Ulf Schott erst in Gang: „Der Großteil der Ausgaben wird in Spielergehälter investiert.“ (sid, SZ)