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Sorgen im Kaninchenstall

Züchter wollen in Pretzschendorf ihre Tiere vorstellen. Doch ein Killer-Virus erschwert das.

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© Egbert Kamprath

Von Stephan Klingbeil

Klingenberg. Niemand außer er selbst darf mehr in seinen Stall. Martin Geißler aus dem Klingenberger Ortsteil Pretzschendorf sorgt sich um das Wohl seiner Kaninchen. 60 Tiere hat der 29-jährige Tischler in dem Gebäude untergebracht. Der Hobbyzüchter will – so kurz vor der Jubiläumsausstellung zum 110-jährigen Bestehen des Rassekaninchenzuchtvereins S 78 Colmnitz – lieber auf Nummer sicher gehen. Geißler hat Angst, dass die sogenannte Chinaseuche oder ein anderer Virus seine Rassekaninchen dahinraffen könnte. Geißler kennt sich aus. Seit 1999 züchtet er selbst, ist zudem Erster Vorsitzender des S 78 Colmnitz mit seinen 21 Mitgliedern und Vize-Chef des Kreisverbands Freital-Dippoldiswalde.

Derzeit, sagt er, häuften sich in der Region Todesfälle bei Kaninchen, die mit der Seuche zusammenhängen könnten. „Es gibt Züchter und Halter, bei denen sind binnen weniger Tage zehn bis zu 40 Tiere gestorben, ganze Ställe sind betroffen gewesen“, berichtet Geißler über Vorfälle in Pretzschendorf und Hetzdorf am Tharandter Wald. „Man weiß aber oft nicht, woran die Tiere tatsächlich gestorben sind.“ Es ist möglich, dass die Kaninchen an RHD (Rabbit Haemorrhagic Disease) zuvor erkrankt waren – auch bekannt als Chinaseuche. Oder an einer Mutation des Erregers – diese heißt RHDV-2. Sie ist im Jahr 2000 erstmals in Frankreich und 2014 auch in Deutschland aufgetreten. Das Friedrich-Loeffler-Institut, das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, weist darauf hin, dass eine Ausbreitung auf das gesamte Bundesgebiet abzusehen ist.

Im Raum Freital sowie den Landkreisen Mittelsachsen und Meißen gab es zuletzt ähnliche Vorfälle. Weil Züchter international auf Schauen ihre Tiere ausstellen, breitet sich der Erreger weiter aus. Mücken und Fliegen sind Überträger, ebenso der Mensch. Beim Streicheln der Tiere bleiben Viren am Jackenärmel hängen. Eine Gefahr für Menschen oder andere Tiere gibt es nach Aussage mehrerer Fachleute nicht. „Nur Kaninchen sind für diese Erreger empfänglich“, sagt auch Amtstierärztin Benita Plischke. Sie sagt, dass gegen beide RHDV-Varianten geimpft werden kann. Nur eine regelmäßige Impfung schützt die Tiere. Hat man seinen Kaninchenbestand durch diese Krankheit verloren, sollte man die Ställe und alle Gegenstände wie Futternäpfe und Tränken gründlich reinigen und desinfizieren.

In Deutschland sei indes noch kein RHDV-2-Impfstoff zugelassen. Tierarztpraxen können aber auf Antrag einen Impfstoff aus Frankreich beziehen. „Das wurde in unserem Landkreis auch praktiziert“, so Plischke. Hier im Kreis seien keine Häufungen von Chinaseuche-Fällen bekannt. Die Amtsärztin sagt aber, dass es keine Meldepflicht gibt, weder für Erkrankungen noch für die Haltung von Kaninchen.

Ist ein Tier infiziert, kommt es vor, dass in ein bis zwei Tagen der gesamte Bestand betroffen ist. 80 bis 100 Prozent der befallenen Tiere würden der Erkrankung zum Opfer fallen. Antibiotika wirken bei Viruserkrankungen nicht. „Bei mir kommt jedenfalls keiner mehr rein in den Stall. Dieser Virus soll sich auch bei kälteren Temperaturen halten, er verbreitet sich schnell“, erklärt Geißler. Die Colmnitztaler Rassekaninchenschau in der Parkbaude Pretzschendorf soll aber planmäßig am 12./13. November stattfinden.