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Sorge um das einheimische Obst

Eine Fruchtfliegenart aus dem Fernen Osten befällt Stein- und Beerenobst. Was lässt sich dagegen machen?

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© Karl-Ludwig Oberthuer

Von Annett Heyse

Helbigsdorf. Das Problem ist eigentlich ganz klein. Gerade einmal 3,5 Millimeter groß, versteckt es sich an diesem kühlen Morgen irgendwo im Himbeerstrauch. Stephan Kaiser schiebt die Äste zur Seite, schaut auf die wenigen Früchte, die noch hängen. Er muss nicht lange suchen. „Hier“, sagt er und weist mit dem Finger auf eine lecker aussehende Himbeere. An ihr sitzt eine Obstfliege. Und zwar eine Art, die professionellen Obstbauern wie dem Helbigsdorfer, aber auch etlichen Kleingärtnern zunehmend Sorge bereitet: Drosophila suzukii, die Kirschessigfliege.

An der Spitze sitzt der Feind.
An der Spitze sitzt der Feind. © Karl-Ludwig Oberthuer

Stephan Kaiser pflückt die Himbeere ab und teilt sie. Das Fruchtfleisch ist matschig, winzige Maden kringeln sich. „Wie meinen Herbsthimbeeren geht es auch dem Holunder im Dorf, den Brombeeren der Kleingärtner, den Bäumen auf den Streuobstwiesen“, schildert er. Die Kirschessigfliege ist ein Eindringling, der aus Japan stammt, gegen 2005 in Nordamerika auftauchte und wohl 2008 den Sprung nach Südeuropa schaffte. 2011 klagten erstmals Obstproduzenten und Winzer in Baden-Württemberg über das Insekt, seit 2013 fliegt es auch durch sächsische Bestände. Was Drosophila suzukii so gefährlich macht, ist ihr Appetit auf frisches Obst.

Denn im Gegensatz zu einheimischen Fruchtfliegenarten, die ihre Brut in überreife, faulige Früchte ablegen – also in Abfall –, befällt die Japanerin die Ernte. Das Weibchen ritzt die Schalen an und legt ihre Eier ab. In nur wenigen Tagen entwickeln sich die Larven und ernähren sich vom Fruchtfleisch. Damit ist die Ernte futsch. Weil sich die Population des Tierchens erst im Laufe des Sommers entwickelt, trifft es vor allem die späten Obstsorten.

Feinmaschige Netze helfen

Stephan Kaiser hat das dieses Jahr erlebt. In Helbigsdorf betreibt er Plantagen für Beerenobst im Bioanbau. Er hat Erdbeeren, Johannisbeeren, Heidelbeeren, Stachelbeeren, Himbeeren und Brombeeren. Ende Juli/Anfang August überfiel der Eindringling seine Plantage. Es traf unter anderem die Brombeeren und nun die Herbsthimbeeren. „Von außen sehen die Früchte noch ganz gut aus, im Inneren aber saften sie und werden matschig“, berichtet er.

Wie Stephan Kaiser geht es schon vielen deutschen Obstbauern. Die Meldungen über Drosophila suzukii häufen sich auch in Sachsen. „Derzeit sind vor allem die Winzer besorgt, denn auch Weintrauben werden nicht verschont“, sagt Alfred Trapp, Referent für Pflanzenschutz im Gartenbau beim Landesamt für Geologie und Umwelt. Man habe daher in vielen Weinbergen Fallen aufgestellt.

Die Mischung aus Rotweinwasser und Geschirrspülmittel lockt die Fliegen an. „So lässt sich abschätzen, wie stark eine Population wächst“, erklärt Trapp. Bis jetzt halte sich die Ausbreitung des Schädlings in den sächsischen Weinbergen noch in Grenzen. Beim Landesamt beobachtet man die Entwicklung trotzdem mit Sorge – Sachsen hat ausgedehnte Obstplantagen, und die Kirschessigfliege ist nicht wählerisch.

Sie setzt sich auf Steinobst, Beeren und Trauben, selbst Früchte von Wildsträuchern wie Holunder und Eibe werden nicht verschont. Und es gibt wenig, was Landwirte und Kleingärtner dagegen unternehmen können. In Japan werden Insektizide gegen den Schädling eingesetzt. „Auch in Deutschland gibt es erste zugelassene Mittel, sogar für den Bioanbau“, sagt Trapp. Helfen können auch feinmaschige Netze, die über Obststräucher und Weinstöcke gebunden werden. Das sei allerdings ein Riesenaufwand und der Erfolg könne schnell dahin sein, wenn die Fruchtfliegen doch ein Schlupfloch entdecken.

Stephan Kaiser hat eine andere Strategie gewählt. Er hat in seiner Plantage das Obst möglichst früh geerntet, um der Fliege wenig Nahrung und Brutmöglichkeiten zu bieten. Die Herbsthimbeeren aber sind dahin. „Die Stöcke habe ich jetzt erst mal runtergeschnitten.“ Allen Kleingärtnern empfiehlt er, befallenes Obst schnell abzuernten und zu vernichten. Aber nicht auf den Komposthaufen, rät Pflanzenschutz-Experte Trapp: „Die Ernte einfach in einen vollen Wassereimer geben und Deckel drauf. Dann ertrinken die Larven.“