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Sonntagseinkauf an der Baustelle

Die Händler am Postplatz in Görlitz müssen noch bis November ausharren. Dabei unterstützt sie ein besonderer Helfer.

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© Pawel Sosnowski

Von Tobias Hoeflich

Ein Teil des Postplatzes gleicht derzeit einer Mondlandschaft. Das alte Pflaster ist schon lange entfernt, Erdmassen umgeben Bagger und Rüttelplatte. Schon seit Juni müssen die Händler von der Hirsch-Apotheke bis zum Reiseland-Büro mit den Bauarbeiten vor ihrer Tür leben. Auch die Seite vor der Post ist aufgerissen. Das Usa-Nagelstudio entkommt dem Lärm aber demnächst, öffnet am Wochenende das letzte Mal am Postplatz. „Wir ziehen um!“, ist auf dem Schaufenster zu lesen. Ab dem 4. Oktober werden in der Straßburg-Passage Nägel lackiert. Eine Kapitulation vor dem Baugeschehen? „Nein, nein“, winkt eine Mitarbeiterin ab. Der Umzug sei schon länger geplant gewesen. „Mit den Bauarbeiten haben wir keine Probleme.“

Ganz so locker sieht das nicht jeder betroffene Händler. Baulärm, Umwege und wegfallende Parkplätze lassen manchen Kunden fernbleiben. Das spürt zum Beispiel die Hirsch-Apotheke: „Wir hatten schon vor Baubeginn Kunden, die sagten, dass sie woanders hingehen, wenn sie nicht mehr an unser Geschäft herankommen“, sagt Chefin Angela Tirschler. Nach gut drei Monaten Bauzeit kann sie bestätigen, dass sich das bewahrheitet hat.

Trotzdem macht die Apothekerin das Beste draus. Den Lieferanten hat sie im Sommer sogar kühle Getränke gereicht und sie so für manchen Meter Umweg entschädigt. „Wir können an der Situation nichts ändern. Da müssen wir eben durch.“ Ein sogenannter Bauscout hilft ihr und anderen Händlern dabei. Seit Juli vermittelt Eddy Lauke zwischen Baufirmen, Ämtern und Gewerbetreibenden. Er widmet sich bis Ende Oktober 25 Stunden pro Woche den Arbeiten auf dem vielleicht schönsten Platz der Stadt. „Das klappt wirklich gut. Herr Lauke schaut mehrmals pro Woche bei uns vorbei“, lobt Angela Tirschler.

Bald kann der Asphalt kommen

Auch andere Händler freuen sich, dass sie mit dem Bauscout einen Ansprechpartner vor Ort haben. „Das war wirklich eine super Idee“, findet Bianca Blackburn vom Presse- und Buchladen am Postplatz. Mehrmals pro Woche komme Herr Lauke in den Laden und erkundige sich, ob es zum Beispiel Probleme oder Beeinträchtigungen gibt. „Das läuft wirklich perfekt. Wir können uns nicht beschweren.“

Lauke selbst dürfte das gerne hören. Der gelernte Baufacharbeiter konnte die Stellenausschreibung der Stadtverwaltung für sich entscheiden, ist nun Ansprechpartner auf dem Postplatz. Er spricht mit Händlern und Arbeitern über den Bauablauf und Einschränkungen, erteilt aber auch Passanten Auskunft, die sich für die Arbeiten vor Ort interessieren. „Ich gehe jeden Morgen zum Polier und frage, was heute ansteht“, sagt Lauke. „Dann kann ich nach bestem Wissen und Gewissen Auskunft geben.“

Das kommt auch bei der Händlervereinigung Aktionsring für Görlitz gut an. „Die Anlieger am Postplatz sind natürlich wenig begeistert über die Bauarbeiten. Aber mit der Arbeit des Scouts sind sie sehr zufrieden“, sagt Vorstandsmitglied Frank Reimann. Auch als die Berliner Straße saniert wurde, hat es einen solchen Ansprechpartner schon mal gegeben. „Dieses Jahr läuft das aber noch besser.“ Nötig sei trotz allem, frühzeitig und ausführlich die Anlieger zu informieren, betont Reimann. „Das ist bei allem das Wichtigste. Schließlich müssen die Händler dort ihren Lebensunterhalt verdienen.“ Spezielle Veranstaltungen auf dem Postplatz sind für den verkaufsoffenen Sonntag am 2. Oktober aber nicht geplant. Trotzdem werden auch hier die meisten Geschäfte offen haben. „Es ist unser Ziel, dass möglichst alle Läden zwischen 13 und 18 Uhr offen sind.“

Auch die beteiligten Firmen am Postplatz haben ein Ziel: dass Mitte November alles geschafft ist. Und nach jetzigem Stand dürfte das machbar sein. „Wir liegen im Terminplan“, sagt Stadtwerke-Sprecher Sascha Caron. Die unterirdischen Arbeiten an den Leitungen seien schon abgeschlossen. „Nun geht es eine Ebene höher.“ Heißt: Strom, Beleuchtung, Datenkabel.

Wenn das geschafft ist, übernimmt das Straßenbauamt die Verantwortung für die Baustelle. Dann werden der Gehweg gepflastert und die Straße asphaltiert – laut Plan bis zum 15. November. Trotz Asphalts bekommt der Postplatz seine Pflasterung wieder, allerdings erst später: Denn wenn die anderen Abschnitte des Platzes 2017/18 saniert werden, rollen die Anlieferer über den schon fertigen Teil. Das hätte das neue Pflaster in Mitleidenschaft gezogen. Hinzu kommt, dass die Firmen es auch gar nicht vor dem Winter geschafft hätten.