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Sommerfest voller Entdeckungen

Kleinwachauer Geschichte und Zukunft waren beim Kirchspieltag am Sonnabend zu erleben.

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© Bernd Goldammer

Von Bernd Goldammer

Kleinwachau. Wenn in Kleinwachau gefeiert wird, kommen die Besucher aus allen Himmelsrichtungen. Sogar die Bundeswehr ist dabei. „Schon zum achten Mal sind wir hier, um das Anliegen des Kleinwachauer Epilepsiezentrums zu unterstützen“, sagt Oberst Johannes Derichs. Ja, es ist ein schöner Anblick. Staatsbürger in Uniform führen anfallskranke Menschen durch das Kleinwachauer Festgelände. Entweder wird behutsam Hand in Hand gegangen, oder es werden Rollstühle geschoben. „Perspektivwechsel tut gut. Wir haben das schon oft von unseren Schülerinnen und Schülern gehört. Solche Begegnungen erweitern die Horizonte“, ist von Oberst Derichs zu hören.

Das Sommerfest im Sächsischen Epilepsiezentrum Kleinwachau war auch in diesem Jahr Bestandteil des Kirchspieltages. Es begann mit einem Gottesdienst der von Pfarrerin Elisabeth Roth und Wachaus Pfarrer Thomas Slesazeck gestaltet wurde.
Das Sommerfest im Sächsischen Epilepsiezentrum Kleinwachau war auch in diesem Jahr Bestandteil des Kirchspieltages. Es begann mit einem Gottesdienst der von Pfarrerin Elisabeth Roth und Wachaus Pfarrer Thomas Slesazeck gestaltet wurde. © Bernd Goldammer
Seit vielen Jahren sorgt Andreas Weidner für Spaß und Spiel.
Seit vielen Jahren sorgt Andreas Weidner für Spaß und Spiel. © Bernd Goldammer
Anton auf Reitertour. Das macht Spaß. Auch hier war die segensreiche Tätigkeit des Wachauer Wunderland e.V. erlebbar.
Anton auf Reitertour. Das macht Spaß. Auch hier war die segensreiche Tätigkeit des Wachauer Wunderland e.V. erlebbar. © Bernd Goldammer

Das Fest beginnt mit einem Eröffnungsgottesdienst. Gleich geht es mit der Eröffnung des Seniorengartens weiter. Der wurde auch mit Spenden aus der Bevölkerung finanziert. 19 200 Euro haben die Rödertaler dafür gespendet, damit dieser Garten entstehen konnte. Unvergessen das Konzert von Albrecht Menzel. Mit seinem Auftritt brachte der weltbekannte Violinist 2 000 Euro in die Projektkasse. Die Bänke gestaltete übrigens der Radeberger Holzkünstler Dirk Hantschmann. Das sind lebendige Zeichen für das menschliche Miteinander im Rödertal. Das Kleinwachauer Epilepsiezentrum ist eng mit dem Alltag vernetzt. Das erklärt auch die enormen Besucherzahlen am Sonnabend. Wer nur irgendwie konnte, war dabei.

Barrierefreies Haus

Besonders segensreich ist die Unterstützung des Wachauer Wunderland e.V. zu erleben. Runde um Runde laufen die Vereinspferde, geführt von Jugendlichen aus dem Verein. Sie verbreiten Freude. An den Gesichtern der Reiter und Reiterinnen ist das abzulesen. Und auch hier sind Offiziersschüler aus Dresden dabei. Schritt für Schritt schieben sie Rollstuhlfahrer von Stand zu Stand. So werden einzigartige Erlebnisse möglich. Auch die Freie Schule Großerkmannsdorf hat hier ihren Spiel- Stand aufgebaut. Zu diesem Zeitpunkt ist es schon drückend schwül. Wenig später geht ein starker Gewitterregen nieder. Und auch der wird zum Erlebnis. Zehn lange Minuten gießt es nämlich wie aus Kannen. Es gibt genügend sachkundige Helfer und Unterstellmöglichkeiten. Zur „Regenzeit“ führt der Kleinwachauer Geschäftsführer Martin Wallmann Gäste durch die Baustelle zur Klinikerweiterung. 4,95 Millionen werden hier in die Kleinwachauer Zukunft investiert. Die künftige Station 5 wird Menschen mit schweren Behinderungen und Epilepsie bessere Behandlungsmöglichkeiten einräumen. Das gesamte Gebäude wird barrierefrei sein. Die viel beachtete Ausstellung „Außer Kontrolle“ ist ebenfalls ein Anlaufpunkt. Deshalb, weil sie Epilepsie in ihren alltäglichen Zusammenhängen fotografisch erlebbar macht. Besonders eindrucksvoll: „Schreie vom Balkon“ vom Dresdner Fotografen Frank Brandhoff. „Das Bild zeigt, dass man von einem Anfall, auch kurz vor seinem eigentlichen Ziel überrascht werden kann“, begründet Stefan Conrad der Vorsitzende der Deutschen Epilepsievereinigung die Entscheidung, Frank Brandhoff zum Sieger des Fotowettbewerbes auszurufen.

Wechselvolle Geschichte

127 Jahre gibt es die Einrichtung. Zeiten gab es, in denen man glaubte, Menschen mit Behinderungen müssten von der kalten Außenwelt abgeschirmt werden. Im Gründungsjahr der Heil- und Pflegeanstalt der Inneren Mission betreuten zwei Diakonissen zwölf anfallskranke Kinder. Ein Denkmal auf dem Festgelände erinnert an die Behinderten, die der Kleinwachauer Gemeinschaft entrissen wurden. Menschen mit Behinderungen sah man zur Nazizeit als „unwertes Leben“ an. 111 Bewohner starben in Folge des „Euthanasie“-Programms. Tod kam durch medizinische Experimente, die Gaskammer oder den Hunger. Während des Weltkrieges beschlagnahmten die Nationalsozialisten das Kleinwachauer Gelände. Es wurde als „Landesjugendhof für Schwererziehbare“ genutzt. Erst nach dem Krieg kam das Haus wieder in die Hände der Diakonie zurück. Jetzt erlebt Kleinwachau seine besten Zeiten.