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Sommerfeldt wechselt die Seite

Der ehemalige Weltklasse-Skilangläufer steht vor dem Abschluss des Trainerstudiums in Köln. Im neuen Lebensabschnitt läuft aber nicht alles reibungslos.

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Von Uwe Wicher

Deutschlands erster Weltcup-König im Skilanglauf ist aus der Übung gekommen. Denn nach dem Ende seiner Karriere als Leistungssportler musste sich René Sommerfeldt wieder an das Sitzen auf Schulbänken gewöhnen. Der aus Bertsdorf bei Zittau stammende Lausitzer studiert an der Trainerakademie in Köln in Verbindung mit praxisnaher Tätigkeit am Bundesstützpunkt Oberwiesenthal.

„Ein oder zwei Mal in der Woche muss ich etwas für die Ausdauer tun, sonst bekomme ich Migräne“, sagt der Olympia- und WM-Medaillengewinner sowie Weltcup-Gesamtsieger 2003/04 zu seinem neuen Lebensrhythmus. Jeweils zehn bis zwölf Kilometer hetzt der mittlerweile 38-Jährige dann durch den Wald, entweder auf Skiern oder zu Fuß. Natürlich nicht zu vergleichen mit der wohl „verrücktesten“ Trainingseinheit in seiner besten Zeit: Den letzten Schliff vor der um den Jahreswechsel herum stattfindenden Tour de Ski holte sich Sommerfeldt stets am Morgen des 24. Dezember am Fichtelberg.

Von seiner Lieblingskneipe „Prijut 12“ aus stürmte er mit Skating-Skiern den alpinen Hang an der Schwebebahn-Trasse hinauf bis zum Gipfel. Bis zu 14 Prozent beträgt die Steigung der Schneise, die das ehrgeizige Energiebündel immer zwei Mal hintereinander bewältigte. Blieb er dabei unter jeweils zwölf Minuten, wusste er, dass er für die Tour de Ski mit dem finalen Aufstieg zur Alpe Cermis im norditalienischen Val di Fiemme gut vorbereitet war.

Inzwischen hat das Leben für René Sommerfeldt andere Tests parat. Um zur Abschlussprüfung des im September nächsten Jahres zu Ende gehenden Trainerstudiums zugelassen zu werden, musste er zwei Leistungstests im Herbst bestehen. Jetzt muss er noch eine Belegarbeit bis März schreiben. Das Thema heißt „Leistungs- und Wettkampfentwicklung von René Sommerfeldt von 1999 und 2006“. Er ist selbst gespannt, was die allseitige Analyse seiner Trainingsaufzeichnungen ergibt. Schließlich war er einer der Hauptakteure in einer ereignisreichen Phase des deutschen Skilanglaufs. Nach dem schwachen Abschneiden bei der nordischen Ski-WM in Ramsau 1999 „standen wir im DSV vor der Einäscherung“, erzählt Sommerfeldt. Nur knapp zwei Olympiazyklen danach hatten „Sommel“ und seine Teamkollegen den Rückstand zur Weltspitze im Skilanglauf aufgeholt.

Es wurde also damals von Trainern und Athleten vieles richtig gemacht, und der einstige Mitgestalter dieser erfolgreichen Entwicklung möchte nun auf der anderen Seite des Leistungssports sein Wissen weitergeben. Dabei merkte Sommerfeldt sehr schnell, dass es auch im neuen Lebensabschnitt Hochs und Tiefs gibt. So übernahm er im vergangenen Jahr zusätzlich zum Studium in Köln noch eine Trainingsgruppe im Nachwuchsbereich in Oberwiesenthal und begleitete gleichzeitig die C-Kaderathleten des Deutschen Skiverbandes. „Alles sehr interessante Aufgaben“, sagt Sommerfeldt heute, „doch ich merkte bald, dass mir das alles über den Kopf wächst.“ Die Folge: Er selbst war mit sich unzufrieden, ebenso die von ihm betreuten Sportler, „und am meisten hat die Familie darunter gelitten“. Mit seiner Frau Dajana, die von Beruf Ärztin ist und damals gerade einen neuen Job angetreten hatte, setzte er sich zusammen, um eine bessere Organisation von Studium, Beruf und Familie zu finden. Danach reduzierte er die neben dem Studium laufenden Trainertätigkeiten, dass er fortan mehr Zeit hatte für die Pflichten des Privatlebens: so für die Erziehung der Sprösslinge Sten (fast 2 Jahre) und Tristan (8) oder die Fertigstellung der neu erworbenen Ferienwohnungen. Übrigens hat der ältere der beiden Sommerfeldt-Brüder das Skispringen und die Nordische Kombination für sich entdeckt. „Er hat schon mehr Pokale und Medaillen als ich in dem Alter“, erzählt der stolze Papa, der zugleich versichert, seine Kinder niemals zu dem von ihm so geliebten Skilanglauf drängen zu wollen.

In welche berufliche Richtung es René Sommerfeldt nach Abschluss des Kölner Studiums verschlagen wird, weiß er momentan noch nicht. „Ich bin offen für alles“, meint er dazu nur. Auf das Know-how eines Mannes, der sich selbst zu Weltspitzenleistungen getrieben hat, wird der Skiverband in seiner Trainergilde nicht verzichten wollen. Aber gegenwärtig schaut sich Sommerfeldt das Geschehen in seinem einstigen Metier nur aus der Ferne an. So auch die ab heute in Oberhof beginnende Tour de Ski mit seinen früheren Top-Mitstreitern Tobias Angerer, Axel Teichmann und Jens Filbrich „und mit einigen jungen Burschen, die zuletzt schon gute Ansätze zeigten“, wie der Gesamtzweite der Tour von 2007/08 meint. Den steilen alpinen Skihang am Fichtelberg ist allerdings noch keiner von ihnen hochgejagt.

www.renesommerfeldt.de