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Sogar der Linienbus war zu schnell

Gemeinsam mit Schülern blitzten Polizisten vor der Grundschule in Grumbach. Die Bilanz ist erschreckend.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Annett Heyse

Grumbach. Die Mittfünfzigerin in ihrem kleinen, feuerwehrroten Flitzer gibt es sofort zu. „Ja, ihr habt recht. Das darf mir nicht passieren.“ Sie sei beruflich unterwegs, müsste schnell etwas abliefern. Sie nimmt den Merkzettel, der in auffallendem Gelb wie die Karte beim Fußball bedruckt ist, entgegen. Dazu gibt es noch einen von den Schülern gemalten Smiley, der die Mundwinkel nach unten zieht. „Ich passe jetzt besser auf“, verspricht sie und ist sichtbar froh, so glimpflich davongekommen zu sein. Denn eigentlich wären jetzt 20 Euro Verwarngeld fällig gewesen. 46 Stundenkilometer schnell war sie vor der Grumbacher Grundschule, erlaubt sind 30 km/h. „Blitz für Kids“ heißt die Aktion, die die sächsische Polizei jedes Jahr durchführt. Vor allem zu Schuljahresbeginn wird dabei vor Schulen und an Schulwegen die Geschwindigkeit gemessen. Am Dienstagmorgen stehen die Beamten gemeinsam mit Schülern vor der Grumbacher Grundschule. Mitgebracht haben sie eine Geschwindigkeitsanzeige und ein Lasergerät.

Die Situation in Grumbach ist insofern eine besondere, als dass hier bis vor Kurzem noch 50 km/h galten. Mit Schuljahresbeginn im August wurde ein neues Schild angebracht: Tempo 30 auf 300 Meter. Es war ein Wunsch der Eltern und der Schulleitung, weil die Fußwege schmal sind und auf der Tharandter Straße viel Verkehr herrscht. Tatsächlich rollt es auch an diesem Dienstagmorgen in beide Richtungen.

Wieder winken die Polizisten ein Fahrzeug heraus. Der Pkw hält auf dem Parkplatz der Schule, sein Fahrer bekommt einen grünen Merkzettel mit einem großen „Danke“ überreicht, dazu gibt es einen selbst gemalten lachenden Smiley – er war 33 km/h schnell. Nicht ganz perfekt, aber noch im Limit. Doch nicht die Positivbeispiele fallen den Beamten auf, sondern die vielen Raser. „Unglaublich, was hier in beiden Richtungen abgeht“, sagt Polizeioberkommissarin Diana Bonke und schüttelt den Kopf. Ihr Kollege Uwe Brückner berichtet, dass die Schnellsten mit mehr als 60 Stundenkilometern an der Schule vorbeibretterten. „Sogar einen voll besetzten Linienbus mussten wir anhalten.“ Dem Fahrer sei das Gespräch mit Schülern und Polizisten sichtbar peinlich gewesen.

Haben viele die neue Regel mit den 30 Stundenkilometern noch nicht verinnerlicht? Uwe Brückner lässt das nicht gelten. „Ein Verkehrsschild kann doch jeder lesen“, sagt er. Stattdessen kämen teils komische Ausreden. „Einer hat tatsächlich gesagt, er fahre diese Straße zum ersten Mal entlang, kenne die Gegend nicht und wolle nur zum Pilze sammeln.“ Die Kinder können das nicht verstehen. Groß ist die Aufregung, als ein Kombi aus dem Verkehr gezogen wird. Die Fahrerin hat ein Kleinkind im Auto sitzen und war 46 km/h schnell. „Sogar mit einem Baby rasen die“, sagt ein Drittklässler empört.

Annika Batschat und ihre Freundin Martha Breitkopf dürfen nun selbst mal durch das Lasergerät schauen. Lkws und Pkws rauschen vorbei. Was wünschen sich die Kinder? „Dass die Autofahrer mehr Rücksicht auf uns nehmen“, sagt die achtjährige Annika. Die Polizisten von der Verkehrsüberwachung haben es gehört. Sie werden ihre Technik demnächst wieder vor der Grumbacher Grundschule aufbauen – und dann wird scharf gemessen.