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So werden Dresdens Baustellen überwacht

Wo Wohnungen entstehen, sind immer häufiger Kameras zu finden. Die sind nicht immer nur zur Sicherung da.

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© Christian Juppe

Von Sarah Grundmann und Julia Vollmer

Vor wenigen Tagen wurden von einer Baustelle auf der Travemünder Straße in Klotzsche Kabel, Leiter und anderes Baumaterial gestohlen. Der Wert: Rund 2 400 Euro. Solche Baustellendiebstähle sind in Dresden keine Seltenheit: Über 300 Delikte erfasst die Polizei jährlich. Deutlich teurer als das Diebesgut sind meist die Reparaturen – so auch an der Travemünder Straße. Denn die Täter versuchten gleich an mehreren Stellen, Türen und Fenster aufzuhebeln. Rund 12 000 Euro Schaden sind so entstanden. Auch andere Bauherren haben bereits Erfahrungen mit Diebstählen gemacht. Wie schützen sie sich?

Viele Investoren wollen sich dazu nicht äußern. „Dies würde potenziellen Tätern einen Wissensvorsprung geben“, sagt Henning Rembrandt, der die Pressearbeit für das Großbauprojekt Markuspassage zwischen Leipziger und Bürgerstraße macht. Auch USD-Sprecher Ulf Mehner möchte „die Absicherung nicht in die Öffentlichkeit kommunizieren.“ Auch die Stadtverwaltung hält sich bedeckt. „In gefährdeten Bereichen wird ein individuelles Sicherheitskonzept umgesetzt. Das kann von ständiger Besetzung über Bestreifung bis hin zu anderen Formen der Überwachung reichen“, sagt Stadtsprecher Karl Schuricht auf SZ-Anfrage. Wer aber genau hinsieht, kann auf vielen großen Baustellen – wie am Schulcampus Tolkewitz – Videokameras entdecken. Der Wohnungsgenossenschaft Glückauf Süd (WGS) sind so sogar schon Täter ins Netz gegangen.

Schon zuvor war es bei dem Bauprojekt auf der Heinrich-Graf-Straße zu Diebstählen gekommen. Dabei wurden Kabel, Geräte und sogar eine Briefkastenanlage entwendet. Die Überwachung der Baustellen sei Sache der Auftragnehmer, sagt WGS-Sprecherin Dana Jacob. Auf der Heinrich-Greif-Straße entschied sich dieser nach den Vorfällen, Kameras aufzustellen. „Nachdem diese installiert wurden, konnten auch zwei Diebe gefasst werden“, freut sich die Sprecherin. Über eine Bewegungsmeldeanlage wurde ein Signal an den Wachdienst und anschließend an die Polizei übermittelt. Die fasste die Täter. „Grundsätzlich ist die Überwachung eine kostenintensive Angelegenheit. Allerdings sind die Schäden bei Diebstählen meist noch größer“, sagt Jacob. Im schlimmsten Fall könne es sogar zu Bauverzug kommen. Ob Kameras installiert werden, müsse daher immer sorgfältig abgewogen werden. Auch die Vonovia entscheidet von Fall zu Fall, teilt Sprecherin Bettina Benner mit. Wird zur Kamera gegriffen, muss das Datenschutzgesetz beachtet werden. Das gilt auch, wenn die Kameras nicht der Überwachung dienen.

„Mittels der Baustellenkamera dokumentieren wir lediglich den Bauablauf“, sagt beispielsweise Christian Reißing, Vorstand der Zentral Boden Immobilien (ZBI) AG. Das Unternehmen mit Sitz in Erlangen investiert in das sogenannte Güntzareal, das an der Gerokstraße errichtet wird. 216 seniorengerechte Wohnungen, 137 möblierte Apartments, ein eigenes Fitnesszentrum – das Projekt neben der Sparkasse gehört zu den größeren in der Stadt. Kameraüberwachung hält Reißing allerdings nicht für notwendig.

„Wir verzeichnen auf unseren Baustellen in Dresden keine hohen Vandalismus- oder Diebstahlschäden“, sagt der Vorstand. Auch auf dem Güntzareal gab es keine Vorfälle. „Unabhängig davon verpflichten wir die für uns tätigen Auftragnehmer, Maßnahmen zum Objektschutz – wie nächtliche Streifen oder Zugangskontrollen – zu ergreifen, sobald sie erforderlich sind.“ Auch die Wohnungsgenossenschaft Johannstadt greift nur zu Dokumentationszwecken zur Kamera. „In der Vergangenheit ist es nur in seltenen Einzelfällen zu Diebstählen auf den Baustellen gekommen“, sagt Sprecherin Julia Reymann.

Die Dresdner Polizei rät indes durchaus zur Videoüberwachung von Baustellen. Zudem könnten Baucontainer, Türen und Fenster mechanisch abgesichert werden. In der polizeilichen Beratungsstelle können Investoren, Architekturbüros und Verwaltungen Tipps bekommen. Teilweise fahren die Beamten sogar zur Baustelle, um vor Ort den bestmöglichen Schutz zu finden. Ergänzt wird das Angebot durch diverse Flyer und Broschüren. „Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Beratungsangebote wenig angenommen werden“, sagt Polizeisprecher Thomas Geithner.

Dabei sind die Baustelleneinbrüche keine Seltenheit: 2015 wurden 328 Delikte erfasst, im vergangenen Jahr 325. „Die Zahlen sind in den vergangenen fünf Jahren recht konstant geblieben“, sagt Geithner. „Auch für dieses Jahr zeichnet sich keine nennenswerte Veränderung ab.“ Konkrete Zahlen kann der Polizeisprecher für 2017 aber noch nicht nennen. Das Diebesgut sei vielfältig – von Kabeln bis zur Gelbörse. Ein großes Problem ist die geringe Erfolgsquote bei der Tätersuche. Die liegt bei rund 12 Prozent. Da sollten die Investoren sich genau überlegen, ob sie ihre Baustelle nicht in den Fokus einer Kamera stellen.