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So plante August sein Japanisches Palais

Wissenschaftler hoffen auf ein Museumskonzept für das Haus. Daten zur Rekonstruktion gibt es reichlich.

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© Arte/4D/Andreas Hummel

Von Bettina Klemm

Von einem außerordentlichen Porzellanschloss träumte August der Starke. Er beauftragte nicht nur mehrere Architekten, darunter Zacharias Longuelune und Daniel Pöppelmann, sondern griff selbst immer wieder in die Planungen ein. Ausgangsbasis war das 1715 errichtete Holländische Palais am Elbufer. August ließ es ab 1729 zu einem monumentalen Schloss ausbauen. Es interessierte ihn offensichtlich mehr als das Residenzschloss und sollte sein Vermächtnis werden. Er orientierte sich an so prachtvollen Bauten wie dem Escorial in Spanien und dem Schloss Versailles in Frankreich. Das Palais sollte mit einer Fährverbindung vom anderen Elbufer erreicht werden und die wertvolle Sammlung an ostasiatischem Porzellan sowie kostbare Stücke aus der Meissner Porzellanmanufaktur aufnehmen. August wollte den Glanz seines Landes eindrucksvoll präsentieren und zeigen, dass Sachsen den 800-jährigen Vorsprung der Asiaten beim Porzellan mehr als wettgemacht hat. Von seinem Selbstbewusstsein zeugt das Relief im Palaisgiebel, auf dem das chinesische Porzellan zurückgewiesen wird.

Versailles stand Pate: So sollte der 70 Meter lange Festaal ausgemalt werden.
Versailles stand Pate: So sollte der 70 Meter lange Festaal ausgemalt werden. © Arte/4D/Andreas Hummel
Professor Henrik Karge (r.) und Kunsthistoriker Stefan Hertzig luden ein.
Professor Henrik Karge (r.) und Kunsthistoriker Stefan Hertzig luden ein. © Norbert Neumann

„Die Tragik des Bauwerks bestand aber darin, dass nach dem Tod Augusts des Starken 1733 das Interesse seines Sohnes an dem Schloss rasch versiegte“, sagt Henrik Karge. Der Professor leitet das Institut für Kunst- und Musikwissenschaft der Technischen Universität Dresden und erforscht mit den promovierten Kunsthistorikern Kristina Friedrichs und Stefan Hertzig die wechselvolle Geschichte des Japanischen Palais. Am Wochenende haben sie auf einer zweitägigen Tagung vor Fachleuten und der interessierten Öffentlichkeit erste Ergebnisse vorgestellt. Ermöglicht werden die Forschungen durch das Geld der Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung. Die Ergebnisse sollen in einem Buch veröffentlicht werden, sagt Henrik Karge.

Die Wissenschaftler hoffen, dass ihre reiche Sammlung von Fakten die Grundlage für ein zukunftsweisendes Konzept für das Palais bildet. Die barocken, lichtdurchfluteten Räume würden sich beispielsweise für eine große Porzellanausstellung eignen. Die Kunsthistoriker fanden im Hauptstaatsarchiv Dresden, im Landesamt für Denkmalpflege und an der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek reichlich Material. „Bisher gibt es 566 Pläne und andere Bildquellen. Allein aus der Barockzeit sind es 269“, sagt Stefan Hertzig. In dem mehrfach umgebauten Palais lassen sich noch barocke Elemente entdecken. Ein Beispiel ist der 70 Meter lange Festsaal im ersten Obergeschoss. Auf der Grundlage dieser Dokumente fertigte der Dresdner Architekt Andreas Hummel Visualisierungen an.

Etwa 40 Millionen Euro, schätzt Hertzig, koste es, das Palais für eine zeitgemäße museale Nutzung zu sanieren. Bei seiner Führung äußerten mehrere Teilnehmer ihren Unmut über den Zustand und das Schattendasein des einstigen Prachtbaus. „Ich verstehe nicht, dass es auch nach 25 Jahren keine Konzeption für das Palais gibt“, sagt beispielsweise Landschaftsarchitekt Marko Weißbach. Vielleicht schränkt Hertzig ein, ist das aber auch ein Glück für das Haus. Bei einer privatwirtschaftlichen Nutzung wäre mehr von der Substanz des einzigartigen Bauwerks zerstört.

Nach dem Paradigmenwechsel im späten 18. Jahrhundert hin zu einer Kultur der Aufklärung und des breiter zugänglichen Wissens erfolgten weitere Umbauten. Das Palais wurde zur Bibliothek und zu einem Antikenmuseum. Bemerkenswert, so Kristina Friedrichs in ihrem Vortrag, sind auch die Neugestaltungen der Antikenräume im Erdgeschoss durch den berühmten Architekten Gottfried Semper in den Jahren 1835 bis 1836. Davon blieben noch relativ große Fragmente erhalten. „Ich hoffe, dass von unserer Tagung der Impuls ausgeht, eine hochwertige Lösung für dieses einzigartige Bauwerk anzustreben“, sagt Professor Henrik Karge. Vielfach sei der Wunsch geäußert worden, die Semperräume zumindest mit ihrer geometrischen Malerei als Museum der antiken Skulpturen wiederherzustellen.

Einig waren sich die Fachleute, dass es zu den großen Verdiensten in der Nachkriegszeit gehörte, das Bauwerk wenigstens in seiner äußeren Hülle wiederzuerrichten und so überhaupt zu erhalten. Nun sollte es vollendet werden und so vielleicht auch der Traum von August wahr werden.