Dresden. Seit fast einer Woche steht ein tschechisches Frachtschiff quer vor der Albertbrücke. Am Montag um 12 Uhr soll der Spuk nun ein Ende haben. Wie das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) auf einer Pressekonferenz am Sonntagmittag mitteilte, sind die Laderäume der „Albis“ fast leer. Von den einst 800 Tonnen Salz ist nur noch ein kleiner Teil an Bord. Bis zum Abend soll der Frachter auch bis auf das letzte Salzkorn leer gefegt sein.
Die "Albis" am Sonntag
Das Schiff ist somit bereit zur Bergung - und die soll laut WSA so verlaufen:
- Am Montag um 11.30 Uhr wird die Albertbrücke für Radfahrer, Autos und Bahnen gesperrt, auch die Oberleitungen werden vom Stromnetz abgeklemmt.
- Gleichzeitig wird ein Sperrgebiet von 400 Metern entlang der Elbe vor und nach der Albertbrücke errichtet. Die Sicherheitsvorkehrungen für das Freischleppen sind hoch, denn die Stahltrosse stehen unter extrem hohen Spannungen.
- Das Sperrgebiet umfasst die Albertbrücke, die Elbwiesen unterhalb des Käthe-Kollwitz-Ufers zwischen der Einmündung Bundschuhstraße und Rietschelstraße, die Elbwiesen zwischen der Freitreppe am Bogenschützen über den Rosa-Luxemburg-Platz und dem Carusufer bis etwa zur Einmündung Lessingstraße. Einsatzkräfte sichern das Areal ab.
- Um 12 Uhr sollen zwei tschechische Kettenfahrzeuge von jeweils einem Ufer aus und der Schlepper „Beskydy“ die „Albis“ an Seilen ziehen.
- Zuerst wird der Bug des Frachters stromaufwärts gedreht. Dabei wird das Heck des Schiffes an der Albertbrücke entlangschleifen. Laut WSA hätten Statiker dies als unbedenklich eingestuft.
- Sobald die „Albis“ ausgerichtet ist, soll sie mit eigener Motorenkraft ihre am Montag letzte Woche unterbrochene Fahrt allein fortsetzen können. Voraussetzung ist aber, dass Motor und Schraube keinen Schaden genommen haben.
- Um 14 Uhr soll die Befreiungsaktion vorbei sein.
- Unmittelbar danach soll das Flussbett der Elbe auf Veränderungen abgepeilt werden. Das Peilschiff „Biela“, das derzeit den Bug der „Albis“ sichert, steht dafür bereit. Erst dann kann die Elbe wieder für Schiffe freigegeben werden.
Zur Ursache der Havarie machte das WSA unterdessen keine neuen Angaben. Vermutet wurde unter der Woche, dass die „Albis“ wegen eines technischen Defekts am Antrieb gegen die Brücke getrieben war. Offenbar scheint der Motor aber intakt zu sein, denn dessen Schubkraft ist Bestandteil des vorgestellten Bergungsplans.
Die für das Schleppen des Frachters notwendigen Kettenfahrzeuge sind noch auf dem Weg nach Dresden. Gegenwärtig steht das schwere Gerät noch in der tschechischen Grenzstadt Petrovice. Sie werden in der Nacht am Havarieort erwartet. Die Organisation der Bergetechnik hat die Reederei EVD übernommen und die Kettenfahrzeuge bei der tschechischen Feuerwehr angefordert.
Ungeachtet der Planungen und Bergungsvorbereitungen hat sich der Havarieort inzwischen zu einer Pilgerstätte für Schaulustige entwickelt. Auch am Sonntagvormittag sind wieder unzählige Menschen an der Elbe und auf der Albertbrücke unterwegs, um einen Blick auf das querstehende Schiff zu werfen. Unter den Schaulustigen waren auch viele Tschechen, die in der heimischen Presse von der Havarie erfahren haben. (szo)