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So gut werden Ärzte im Internet bewertet

Viele Mediziner aus der Region bekommen Topnoten. Doch die Ergebnisse können trügen. Und wie steht es um Termine?

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© Dietmar Thomas

Von Nina Schirmer und Maria Fricke

Mittelsachsen. Einen Arzt, dem man vertrauen kann, der kompetent ist und sich Zeit nimmt, wünscht sich wohl jeder Patient. Mitunter kann die Suche nach solch einem Mediziner aber sehr lange dauern. Immer mehr Leute informieren sich deshalb im Internet über Praxen in ihrer Region. Ähnlich wie bei Hotels gibt es auch für Mediziner Vergleichsportale, auf denen die Patienten angeben, wie zufrieden sie mit dem Arztbesuch waren.

Das größte dieser Vergleichsportale in Deutschland heißt Jameda. Gibt man in der Suchleiste Döbeln oder Waldheim ein, kommen einige Ergebnisse, wenn auch nicht so viele, wie bei vergleichbar großen Städten. Hinter vielen Namen leuchtet die Note 1. Sind die Patienten hier in der Region etwa ausnahmslos zufrieden mit der ärztlichen Betreuung? Nicht ganz. Denn viele Ärzte haben nur sehr wenige Bewertungen. Die meisten erreichen gerade einmal zehn. Die Aussagekraft des Portals für die Region ist daher zumindest fraglich.

Spitzenreiter bei den Bewertungen ist Jens Mittelbach. Der Heilpraktiker sitzt in Döbeln. 35 Patienten haben ihn bereits auf Jameda bewertet, die meisten davon mit der Note 1. „Mein allgemeines Befinden sowie mein gesundheitlicher Zustand haben sich seit Behandlungsbeginn 2014 enorm verbessert“, schreibt ein Nutzer, der seit zwei Jahren bei Mittelbach nach einer Krebserkrankung in Behandlung ist. Immer wieder wird die Kompetenz des Mediziners betont. Kritische Stimmen gibt es nur vereinzelt.

Alle anderen Ärzte oder medizinischen Einrichtungen aus der Region haben deutlich weniger Bewertungen. Viele ansässige Mediziner schenken dem Portal allerdings auch kaum Beachtung. „Ich finde es witzlos. Dort kann jeder reinschmieren, was er will“, meint beispielsweise Internist Hartwig Bach aus Döbeln. Einmal habe er bereits auf die Plattform geschaut. Das habe ihm gereicht. Namensvetter Gerald Bach sieht das ähnlich. „Das ist totaler Käse. Wer einem wohlgesinnt ist, der schreibt Gutes, wer nicht, der nicht“, meint der Chirurg.

Doch es gibt auch andere Meinungen. Astrid Schlenker aus Waldheim hegt und pflegt ihr Profil bei Jameda. Wie Heilpraktiker Jens Mittelbach hat sie Fotos von sich und ihrer Praxis online gestellt. Auch finden sich weitere Informationen zu ihrer Arbeit. Doch das hat seinen Preis. Für die Gestaltung des Profils muss die Zahnärztin bezahlen. Auf Empfehlung von Kollegen aus Leipzig hat sich die Medizinerin auf dem Portal angemeldet.

„Ich begrüße die Möglichkeit der Bewertung, aber es hat alles auch Vor- und Nachteile und ist eng mit Emotionen verbunden“, sagt Schlenker. Negative Erfahrungen habe sie bisher noch keine gemacht. Im Gegenteil, die Bewertungen sind durchweg positiv. Und wenn sie doch einmal Kritik erhalte, sieht Schlenker diese als Anregung, etwas zu ändern. Dass die Patienten sich durchaus im Internet informieren, hat sie selbst erlebt. „Ein Patient, der zugezogen ist, hatte sich vorher im Internet informiert und war positiv überrascht, dass alles so war, wie im Internet beschrieben“, berichtet die Ärztin.

Ergotherapeutin Jacqueline Hagen hat die Kehrseite von Jameda kennengelernt. Vor fünfeinhalb Jahren hat sie ein Nutzer mit einer 6,0 bewertet. „Da hat jemand seinen persönlichen Frust rausgelassen“, sagt Hagen, die ihre Praxis in Leisnig hat. Die Bewertung hätte nichts mit der Behandlung zu tun gehabt und habe nur darauf gezielt, sie zu beleidigen. „Da hatte ich schon Angst, dass neue Patienten wegbleiben“, gibt sie zu.

Inzwischen ist der Text von der Seite gelöscht worden. Obwohl die Betreiber der Plattform das laut Hagen eigentlich verhindern wollten. „Sie sagten, es sei eine Meinungsäußerung und dürfe daher nicht rausgenommen werden.“ Inzwischen freut sich die Ergotherapeutin über zahlreiche positive Einträge. Und hat auch noch Kapazitäten für neue Patienten.

Bewertet worden ist auf Jameda auch das Klinikum Döbeln. Ab und zu informiert sich die Klinikleitung auch über die Meinungen der Patienten, die dort geäußert werden. Aber: „Den höchsten Stellenwert hat unsere eigene Befragung hier im Haus“, stellt Verwaltungsleiter Martin Preißer klar. Kritik werde dabei nicht beiseitegelegt, sondern dazu genutzt, um das, was falsch gelaufen sei, zu verbessern.

Die meisten Ärzte, die auf Jameda gut abschneiden, sind auch flexibel mit Terminen. „Die Abendtermine sind schnell weg, aber wir stimmen viel individuell ab“, sagt Astrid Schlenker. Auch bei Chirurg Gerald Bach sind kurzfristige Termine möglich.