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So grün ist Riesa

Nur vier Prozent der Stadtfläche sind offiziell als Grünanlagen ausgewiesen. Doch die Zahl trügt.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Als sie neulich fernsah, da habe sie sich geärgert, erzählt Luise Schmidt. Grund war ein Nachrichtenbeitrag über den Preis „Gärten in der Stadt“, bei dem Dresden gleich mit drei Projekten abgeräumt hatte. In der Landeshauptstadt war unter anderem eine Fläche entsiegelt und neu begrünt worden – während nur Tage zuvor in Riesa in größerem Stil Hecken gerodet wurden. „Dabei gibt es in der Stadt doch sowieso schon zu wenig Grün“, findet die Riesaerin – und ist mit dieser Meinung nicht alleine. In einem SZ-Interview im Mai hatte auch Naturschützer Peter Kneis erklärt, Riesa bräuchte über den Stadtpark hinaus mehr große Grünanlagen – am besten miteinander verbunden.

Blickt man auf die reinen Zahlen, dann scheint Riesa zunächst wahrlich nicht mit Grün gesegnet zu sein. Die Flächenbilanz der Stadt weist Grünflächen zwar nur mit einem Anteil von etwas mehr als vier Prozent aus. Trotzdem ist Riesa aus Sicht der Stadtverwaltung „gut durchgrünt“. Denn zu diesen Flächen kommen laut Stadtsprecher Uwe Päsler „viele kleinere Grünanlagen, Straßenverkehrsgrün, Uferbereiche der Gewässer, Freiflächen an Kitas und Schulen sowie die Spielplätze und die Sportanlagen“. Sowie eine Waldfläche, die mit 35 Hektar größer ist als alle Parkanlagen in Riesa. Größte Grünfläche ist kurioserweise das Gelände des Verkehrslandeplatzes: 180 Hektar macht er laut Stadtverwaltung aus. Auch die Kirche leiste laut Uwe Päsler einen bedeutenden Beitrag: Diese kümmere sich um die städtischen Friedhöfe, die mit zwölf Hektar fast dieselbe Fläche einnehmen wie der Stadtpark.

Wenn über wenig Stadtgrün geklagt wird, dann wahrscheinlich weniger über die Fläche an sich, als vielmehr über deren Verteilung? Wer nicht direkt am Merzdorfer Park oder am Stadtpark wohnt, der ärgert sich auch mehr, wenn vor seiner Tür die letzten Hecken oder Bäume verschwinden. Dabei sei das manchmal unausweichlich, erklärt Roland Ledwa von der Wohnungsgesellschaft. Alter, Krankheit oder zu große Nähe zu Wohnhäusern könnten Gründe sein, Bäume zu fällen, ebenso wie die zu starke Verschattung der Wohnung. Die WGR verjünge deshalb schrittweise den Baumbestand etwa an der Hans-Beimler-Straße. „Im Zuge der Baumfällungen werden auf demselben Areal zeitnah Ersatzpflanzungen getätigt“, so Ledwa.

Diese kleinen Flächen zu erhalten, ist laut Stadtplanerin Sabine Reichwein, vom Institut für Landschaftsarchitektur an der Uni Hannover, ebenfalls wichtig. „Dass die Stadtränder grüner sind als Stadtkerne, ist grundsätzlich richtig und gut.“ Sonst würde sozusagen die Landschaft in die Stadt ausufern – auch das wolle aus städtebaulicher Sicht niemand. „Aber bei aller Urbanität muss auch eine hinreichende Durchgrünung der stark verdichteten Stadtteile gewährleistet sein.“ Und das nicht allein aus Gründen des Artenschutzes oder weil die Pflanzen das Mikroklima in der Stadt beeinflussen, betont Sabine Reichwein. „Das hat weniger mit Ästhetik und Öko-Romantik zu tun, als vielmehr mit harten Argumenten: Stadtteile mit guter Grünversorgung werden von der Bevölkerung bevorzugt.“ Das wiederum habe direkte Folgen für den Wert der Immobilien vor Ort.

Das wissen auch die Großvermieter – und tun einiges in Sachen Grünanlagen. Auch die Wohnungsgenossenschaft investiert jährlich nicht nur in ihre Gebäude, sondern auch in die Außenanlagen. Und dann wären da noch die Kleingärtner, die laut Stadt „eine große Rolle für Begrünung, Flora und Fauna und den Erholungswert einer Stadt spielen“. Eine Fläche von rund 100 Hektar wird in Riesa von den Vereinen gepflegt.

Also alles gut in Sachen Grünanlagen? „Natürlich könnte immer mehr passieren“, räumt Stadtsprecher Uwe Päsler ein. Sei es bei der Qualität mancher Wege oder der Müllberäumung. Das sei aber auch eine Frage der Finanzen und des Personals. Auf der anderen Seite gibt es auch Stellen, an denen künftig mehr fürs Stadtgrün getan wird: „Mittelfristig versprechen wir uns eine weitere Aufwertung von der Bepflanzung des einstigen Bades, die als Ausgleichsmaßnahme für den Gröbaer Deichbau in Verantwortung der Landestalsperrenverwaltung erfolgen wird.“