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„So etwas habe ich noch nie erlebt“

Ab heute hat der dm-Drogeriemarkt zu. Am letzten Ausverkaufstag wirkte er wie geplündert.

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© Sebastian Schultz

Von Eric Weser

Riesa. Der ältere Herr kann sich sein anzügliches Witzchen nicht verkneifen: „Ha, das ist ja DDR-Sex hier. Nacksche Regale!“, sagt er zu seiner Frau – und lacht selbst am meisten über seinen Scherz. Mit den Zwängen sozialistischer Mangelwirtschaft haben die gelichteten Regalreihen im Riesaer dm-Drogeriemarkt allerdings nichts zu tun. Vielmehr ist beabsichtigt, dass sich die Verkaufsfläche leert, damit der Umzug ins neue Ladenlokal besser klappt.

Filialchefin Christiane Huniat vorm fast leer gekauften Regal im nunmehr ehemaligen dm-Drogeriemarkt. „Ich bin zufrieden mit dem Ausverkauf“, sagt sie. Der ging am Donnerstag zu Ende. Bis die neue Filiale aufmacht, dauert es noch eine Weile.
Filialchefin Christiane Huniat vorm fast leer gekauften Regal im nunmehr ehemaligen dm-Drogeriemarkt. „Ich bin zufrieden mit dem Ausverkauf“, sagt sie. Der ging am Donnerstag zu Ende. Bis die neue Filiale aufmacht, dauert es noch eine Weile. © Lutz Weidler

Es ist Mittwoch, der 31. August. Letzter Tag des Ausverkaufs in der alten Filiale des Drogerie-Riesen an der Ecke Hauptstraße/Pausitzer Straße. Wer jetzt noch billig Zahnpasta kaufen oder Shampoo besonders günstig abgreifen will, kommt zu spät. Die Rabattaktion mit 50-prozentigem Nachlass auf die üblichen Preise hat dafür gesorgt, dass kaum noch Ware da ist. Aber es gibt auch noch ein paar Glückspilze. Susann Schüttler zum Beispiel findet die gesuchte Sonnencreme. „Hätt’ ich das mal eher gewusst!“, sagt sie und fischt die letzte noch verfügbare Lotion vom Regal. Auch drumherum findet die vor allem weibliche Kundschaft noch das eine oder andere passende Pflegeprodukt.

Volles Haus bis zum Schluss, das sorgt auch für ein Lächeln im Gesicht der Filialleiterin. „Ich bin sehr zufrieden“, sagt Christiane Huniat. Vorigen Donnerstag war der Räumungsverkauf gestartet – und das mit einem Paukenschlag. „Wir haben gewusst, dass es viel wird“, sagt Huniat. „Aber dass es so viel wird, damit hatten wir dann doch nicht gerechnet.“ Der Laden sei von der Kundschaft „regelrecht gestürmt“ worden. Gedränge und Geschubse im Geschäft waren die Folge. „Da wurden Körbe zwischen die Beine geworfen, ein Rollstuhlfahrer ist fast umgekippt“, berichtet die Filialverantwortliche. Um dem Tohuwabohu Herr zu werden, verhängte das Team einen Einlassstopp. Die Folge: eine lange Schlange auf der Hauptstraße. Schubweise wurden die Kunden dann wieder in die Drogerie hereingelassen. „Man muss staunen. Die Leute haben trotz der hohen Temperaturen gewartet“, blickt Filialchefin Christiane Huniat zurück.

Von Hamsterkäufen kann die dm-Mitarbeiterin nichts berichten. „Klar haben einige Leute gleich drei, vier Packungen Toilettenpapier gekauft.“ Aber Massenkäufe? Die habe sie nicht beobachtet. Gut seien Waschmittel oder eben Toilettenpapier gegangen, so die Filialleiterin. Und auch ansonsten steht nicht mehr allzu viel im Laden, was man unter Alltagsbedarf subsumieren kann. Nur beim teuren Make-up scheint das Regal noch ziemlich voll. Bei den Haartönungen, Guthabenkarten fürs Handy und Kaugummipackungen sieht es wenige Stunden vor Ladenschluss auch nicht danach aus, als würden sie noch verkauft. Weggeworfen werden die Ladenhüter allerdings nicht. Was nicht verkauft wird, wandert mit hinüber ins neue Ladenlokal, sagt Christiane Huniat.

Wie sie den letzten Kunden verabschieden wird, weiß die Filialleiterin am Nachmittag noch nicht. „Vielleicht per Handschlag.“ Fest steht, dass sich am Mittwochabend die dm-Ladentür hier nach insgesamt 14 Jahren das letzte Mal schließen wird. „Das wird sicher ein komisches Gefühl“, sagt Christiane Huniat, die seit 2012 den Hut in der Filiale auf hat – und ihn auch weiterhin behalten wird. Bis im neuen dm eingekauft werden kann, müssen sich die Riesaer aber etwas gedulden. Erst am Donnerstag, 22. September, soll die neue Filiale an der Hauptstraße 97 nahe dem Puschkinplatz eröffnet werden.