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Sind Rapper Teil einer Drogenbande?

Ein Hit mit Namen „Kokaina“, eine Massenschlägerei und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft: Jetzt spricht ein Mitglied der KMN Gang.

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© Nick Dolz

Von Andreas Weller

Dresden. Die KMN Gang aus Dresden gilt als erfolgreichste Newcomer-Band Deutschlands. „Über alle Genres gesehen“, betont Manager Lucas Teuchner. Eine Single hat bereits Gold-Status (mehr als 200 000 Verkäufe), und ihr Erfolgs-Video „Kokaina“ - gedreht unter anderem in Prohlis und Pieschen - wurde im Internet bereits rund 86 Millionen Mal aufgerufen.

Vielen Bürgern der Stadt sind die Musiker aber erst seit diesem Juli ein Begriff. Da sollen sie an einer Massenschlägerei hinter dem Hauptbahnhof beteiligt gewesen sein. Zu den von der Polizei festgenommenen Personen zählte auch KMN-Mitglied Zuna, der eigentlich Ghassan R. heißt und dessen Familie aus dem Libanon stammt.

Die Ermittlungen dazu laufen noch. Deshalb will KMN-Mitglied Nash, bürgerlich Ali R., dazu gegenüber der SZ auch nichts sagen. Nur so viel: Es gehe nicht um einen „Bandenkrieg“ mit dem Miri-Clan, wie zunächst vermutet. Dieser Clan umfasst eine größere Gruppe von Einwanderern aus dem Libanon und agiert vor allem in Bremen, Berlin und Essen. Die Polizei ordnet diesen der organisierten Kriminalität zu. Mit dem Miri-Clan gebe es kein Problem, betont Nash. Es habe eine Provokation einer einzelnen Person gegeben. Nachfragen, ob Nash an der Schlägerei beteiligt war, beantwortet er nicht.

Aber es gibt einen anderen Grund, weshalb er jetzt mit der SZ gesprochen hat. Denn die Staatsanwaltschaft ermittelt offenbar gegen die Rapper, beziehungsweise deren Umfeld. Das ergab jetzt die Antwort von Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) auf Anfrage der Linken-Landtagsabgeordneten Juliane Nagel. Darin werden Verurteilungen, Anklagen, eingestellte Ermittlungen und vieles mehr gegen insgesamt 15 Personen aufgelistet. Nagel hat nach Ermittlungen und Verurteilungen gegen aktuelle und frühere Mitglieder der KMN Gang gefragt und deren mögliche Verbindungen in die organisierte Kriminalität. Die Vorwürfe reichen von Körperverletzungen über Raub bis hin zu bandenmäßigem Drogenhandel, Geldwäsche, Bestechung und Erpressung.

„Das meiste davon ist völlig aus der Luft gegriffen“, erklärt Nash. Es seien Zusammenhänge „konstruiert“ worden. Zu den aufgezählten Personen gebe es keine Verbindungen. Einige kenne er, mehr aber nicht. Auch wenn auf der Liste keine Namen genannt werden, könne er sich nicht erklären, weshalb dort 15 Personen aufgezählt sind. Denn die KMN Gang besteht aus vier Rappern. Neben Nash und Zuna sind das noch Azet (Granit M.) und Miami Yacine. Letzterer sei zwar vorbestraft, tauche in der Liste aber nicht auf, weil er aus Dortmund stammt und dort straffällig geworden ist. Zuna stehe ebenfalls nicht auf der Liste, dieser sei nie wegen einer Straftat verurteilt worden.

Bleiben also zwei KMN-Mitglieder, die vom Justizminister aufgezählt werden: Azet sitzt derzeit im Gefängnis, wurde wegen gefährlicher Körperverletzung, Drogenhandels in nicht geringer Menge und Bedrohung verurteilt. Nash hat mal einen Strafbefehl wegen Drogenbesitz erhalten. Andere Ermittlungen wurden eingestellt, und es gab 2015 zwar eine Anklage, er wurde aber freigesprochen. „Ja, wir sind alle mal mit dem Gesetz in Konflikt geraten“, gibt Nash zu. „Aber das ist definitiv vorbei“, betont der 26-Jährige, der mit elf Jahren aus dem Irak nach Deutschland geflüchtet ist. Hier hat er sein Fachabitur gemacht und begonnen, Betriebswirtschaft zu studieren. Das Studium habe er wegen der Musik abgebrochen.

Eine der Personen auf der Liste kennt Nash dann doch sehr gut. Ammar R.. Der steht derzeit wegen bandenmäßigen Drogenhandels und Vergewaltigung vor Gericht. „Das ist mein Bruder“, räumt Nash ein. Der gehöre aber eben nicht zur KMN Gang und sei noch nicht verurteilt. Zu Details der Liste und aktuellen Ermittlungen geben Justizministerium und Staatsanwaltschaft keine Auskünfte. Sie begründen das mit laufenden Ermittlungen, die gefährdet werden könnten. Offenbar betreffen diese auch Strukturen der organisierten Kriminalität. Nash ärgert das: „Wie können die uns so darstellen? Wir machen doch nur unsere Arbeit.“ Er sehe den Ruf der Rapper in Gefahr. Auch wenn sie keine unbeschriebenen Blätter in Sachen Kriminalität seien. „Als Agentur haben wir klar gesagt, dass wir raus sind, wenn die Jungs wieder kriminell werden“, so Manager Teuchner.

Die Rapper wollen nun versuchen, die Sache aufzuklären und klargestellt haben, dass sie keiner Drogenbande angehören. Ob das tatsächlich zutrifft, werden die Ermittlungen zeigen. Das kann aber noch dauern.