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Siemens-Sparkurs trifft auch Görlitz

Der Konzern will in seinem östlichsten deutschen Werk fast jede vierte Stelle streichen. Ein Grund ist die Energiewende.

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Von Tilo Berger

Görlitz. Das Görlitzer Siemens-Werk steht offenbar vor einem Aderlass. Nach SZ-Informationen will der Konzern in seinem östlichsten deutschen Werk etwa 190 der rund 900 Stellen streichen. „Wir werden zeitnah mit den Arbeitnehmervertretern die notwendigen Beratungen und Verhandlungen aufnehmen“, erklärte Siemens-Sprecher Alexander Becker auf SZ-Anfrage. Gestern informierte die Geschäftsführung die Görlitzer Belegschaft über die möglichen Kürzungen.

Betriebsbedingte Kündigungen soll es nicht geben, stattdessen soll der Personalabbau über Maßnahmen wie Altersteilzeit erreicht werden. Außerdem sollen Teile der Fertigung in andere Siemens-Werke in Osteuropa verlagert werden, um Kosten zu sparen. Das Görlitzer Werk produziert vor allem Dampfturbinen für Stadtwerke und andere mittelgroße Energieversorger. Dieses Geschäft ist in Deutschland in jüngster Zeit nahezu zusammengebrochen, da immer mehr Versorger auf Strom aus erneuerbaren Energien setzen.

Deshalb will die Energiesparte des Konzerns deutschlandweit insgesamt etwa 1.200 Stellen abbauen. Seit Monaten sorgt zudem der radikale Umbau für Unruhe im Konzern, den Siemens-Chef Joe Kaeser seinem Unternehmen verordnet hat. Wie viele Arbeitsplätze dadurch weltweit verloren gehen, ist immer noch offen. Bis Herbst 2016 will der Konzern eine Milliarde Euro an Kosten einsparen. Dazu sollen auch Bereiche wie Personalwesen oder Kommunikation gestrafft werden. Erst im September hatte Siemens angekündigt, keine Haushaltsgeräte mehr zu produzieren und sich stattdessen auf andere Geschäftsfelder zu konzentrieren.

Wenig überrascht von den drohenden Einschnitten in Görlitz zeigt sich Stephan Hennig, der Erste Bevollmächtigte der Gewerkschaft IG Metall für Ostsachsen. „Bei der Auftragslage für 2015 ist durchaus denkbar, dass auch über Personalabbau gesprochen wird“, sagte Hennig auf SZ-Anfrage. Die IG Metall erwartet allerdings von der Siemens-Führung, dass vor Stellenkürzungen alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.