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Sieben Jahre Haft für Marokkaner

Seit sechs Jahren lebt er in Deutschland. Drei davon saß er bereits hinter Gittern. Trotzdem gibt’s mildernde Umstände.

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© DA-Archiv/H. Haertel

Von Tina Soltysiak

Döbeln/Chemnitz. Das T-Shirt, das der Marokkaner, der in Döbeln mehrere schwere Straftaten begangen haben soll, am letzten Prozesstag am Landgericht Chemnitz trägt, wirkt fast schon zynisch. „Be awesome everyday“ steht darauf. Übersetzt heißt das „Sei großartig – jeden Tag“. Der gestrige Mittwoch endete für ihn allerdings alles andere als großartig. Denn der vorsitzende Richter Kay-Uwe Sander verurteilte den 24-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren. Er sah es als erwiesen an, dass sich der Angeklagte unter anderem des schweren Raubes, der gefährlichen und fahrlässigen Körperverletzung sowie des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte schuldig gemacht hat. Die Taten ereigneten sich, wie berichtet, im vergangenen Jahr in Döbeln.

Der Marokkaner äußerte sich zu den Tatvorwürfen bis zuletzt nicht. Auch gegenüber Gutachter Thomas Kasten habe er sich diesbezüglich doch nicht eingelassen. Kasten betitelte den Angeklagten als „spätjugendlichen Intensivtäter“. Das Vorstrafenregister ist lang. Die Tatmuster seien ähnlich: „Die Bewaffnung mit einem Messer spielte, wie auch bei diesen angeklagten Fällen, immer wieder eine Rolle“, sagte der Mediziner.

Das offizielle Einreisedatum des Marokkaners ist der 28. Januar 2011. Bereits zwei Tage später wurde er erstmals in Deutschland straffällig. „Es gab infolge eine hohe Frequenz an Straftaten“, sagte Thomas Kasten beim Vortrag seines Gutachtens. Der Angeklagte habe seit Ende 2011 regelmäßig Drogen konsumiert. Auch bei den gestern verhandelten Taten soll er unter dem Einfluss von Crystal gestanden haben. Medizinisch bewiesen sei das aber nicht.

Thomas Kasten bescheinigte dem Asylbewerber eine dissoziale Persönlichkeitsstörung, deren Ursache in familiären und kulturellen Verhältnissen zu suchen sei. Der Gutachter habe aber keine Hinweise auf eine psychische Erkrankung im engeren Sinne feststellen können. Zudem sei der Angeklagte durchschnittlich intelligent. Dass der Mann die Taten im Affekt begangen hat, sei auszuschließen. Vielmehr könne von einer „tatzeitbezogenen Drogenabhängigkeit“ gesprochen werden. Unter Berücksichtigung des letztgenannten Sachverhalts hatte Staatsanwältin Annett Ströse eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten sowie die Unterbringung des Beschuldigten in einer Entziehungsanstalt gefordert.

Der Pflichtverteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Thomas H. Fischer aus Döbeln, legte sich nicht auf ein Strafmaß fest. „Ich stelle keinen eigenen Strafantrag, sondern das Gericht soll entscheiden, was rechtens ist“, sagte er. Er nannte mehrere Gründe für diesen Entschluss: Der Angeklagte äußerte sich vor Gericht nicht. In diversen Rechtsgesprächen hätte sein Mandant die Taten geleugnet. Nur die wenigsten Zeugen hält Fischer für glaubwürdig.

Der vorsitzende Richter Kay-Uwe Sander erklärte in seiner Urteilsbegründung: Er habe keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen. Für das Strafmaß sei ein minderschwerer Fall zugrunde gelegt worden, weil „die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten aufgrund der Drogenintoxikation zu allen Tatzeitpunkten erheblich vermindert war“.

Der Marokkaner ist in Deutschland nur geduldet. Von den sechs Jahren, die er mittlerweile in der Bundesrepublik lebt, saß er drei hinter Gittern. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Staatsanwältin Annett Ströse ist mit diesem „sehr zufrieden“. Sie werde deshalb keine Revision einlegen, sagte sie auf DA-Nachfrage.