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Sie wollen doch nur spielen

Mensch ärgere dich nicht allein am Spielbrett! Zwei junge Tüftler vermitteln spontane Würfelrunden.

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© Christian Juppe

Von Jana Mundus

Blau, rot, gelb, weiß. Die Farben zeigen das Dilemma. Die bunten Spielfiguren machen klar: Zwei Leute sind für dieses Brettspiel arg wenig. Zu viert sollte man es spielen, zu dritt ginge auch. Während andere jetzt enttäuscht eingepackt hätten, inspirierte solch eine Situation Kai Krannich und Martin Gäumann vor einem Jahr. Irgendwo müssten sich doch spielbegeisterte Menschen finden lassen, wenn man sie am Tisch braucht. Heute greifen die Dresdner zum Handy. Nicht, um Freunde anzurufen, sondern um wildfremde Menschen zum Spielen einzuladen. Mit ihrer selbst programmierten Web-App Flinkest.

Kennengelernt haben sich die beiden beim Wirtschaftsingenieurstudium an der TU Dresden. Damals war es einfacher. Da gab es nie Probleme, Freunde für einen Spieleabend zusammenzutrommeln. Doch die Zeiten haben sich geändert. Heute stecken sie im Job, die ersten haben Familie, Freizeit ist knapp. Spontane Treffen werden da schwierig. „Wir sind jetzt beide keine exzessiven Brettspieler, spielen aber gern“, erklärt Gäumann. Er arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU. Sein Mitstreiter fing nach dem Studium in der Softwareentwicklung an. So reifte die Idee, für das Organisieren von Spielerunden, einfach das Internet zu Hilfe zu nehmen. „Anfangs haben wir das Ganze über eine Facebook-Gruppe probiert“, erzählt Krannich. Guter Ansatz, doch der Weg erwies sich als zu unübersichtlich. Das Verabreden klappte nicht so richtig. Doch die spielaffine Community half den beiden trotzdem weiter. Dort sammelten sie Anregungen, wie eine eigene App rund um das Thema Gesellschaftsspiele funktionieren müsste. So beginnen sie, Flinkest zu programmieren. Seit April ist die App als Website online.

Wer will, kann sich im Internet kostenlos registrieren, selbst zu Spielrunden einladen oder sich zu Treffs anmelden. Die können in Cafés, im Grünen oder auch in den eigenen vier Wänden stattfinden. Die App-Entwickler nutzen das eigene Angebot rege. Regelmäßig erstellen sie selbst Spieletreffs. „Es ist spannend, auf diese Weise neue Leute kennenzulernen“, sagt Gäumann. Aber bei den Spielrunden absichtlich verlieren, damit die Mitspieler den Abend und Flinkest cool finden? Das ist nicht ihr Ding. „Ich gewinne schon gern, habe da Ehrgeiz“, sagt Krannich. Und er könne sich auch ganz schön ärgern, wenn andere die Sieger sind.

Er und seine Frau sind vor zehn Monaten zum ersten Mal Eltern geworden. Der 28-Jährige hat sich erst einmal eine Pause vom Job genommen. Um Zeit für die Familie zu haben – und für Flinkest. Bis August will er das Onlineangebot mit aller Kraft zum Laufen bringen. Dresden sei nicht die einfachste Stadt, haben ihm und Gäumann Brettspiel-Experten prophezeit. „Wir nehmen das als Herausforderung. Schafft es Flinkest hier, schafft die App es überall.“ Momentan können Spielrunden nur in der sächsischen Landeshauptstadt angeboten werden. Theoretisch ginge das auch überall anders. „Ein Schritt, über den wir natürlich nachdenken“, sagt Gäumann.

Bei ihm zu Hause wurde früher viel gespielt. Der 30-Jährige hat vier Geschwister. Spiele für mehr als vier Mitspieler zu finden, war immer eine Herausforderung. Ein Problem, das auch Krannich gut kennt. Er hat drei Geschwister. Die größte Herausforderung seien aber die Mühle-Runden mit seinem Opa gewesen. „Er hat mich nicht einfach gewinnen lassen“, erinnert er sich. Da hätte er sich immer ordentlich anstrengen müssen. „Und ich wollte immer so lange spielen, bis ich gewonnen habe.“ Vielleicht der Ursprung seines Spiel-Ehrgeizes.

Mit Flinkest sind die beiden derzeit viel unterwegs und präsentieren sich bei Veranstaltungen wie etwa der Spielemesse. Das Bekanntmachen des Angebots sei jetzt am wichtigsten. Das Ganze funktioniert nur, wenn möglichst viele angemeldet sind, damit der Kreis potenzieller Mitspieler groß ist. Viele, denen sie von ihrer App erzählen, finden die Idee gut. Ob sie sie auch nutzen werden, ist eine andere Frage.

Verdienen lässt sich bisher nichts mit der Web-App. Klar gäbe es auch Ideen, von kommerziellen Anbietern Geld zu nehmen, sagt Gäumann. Zum Beispiel von Spiele-Kneipen, die dort Termine veröffentlichen. Auch über eine Kooperation mit Spieleverlagen denken die Entwickler nach. Im Moment ist ihnen aber wichtiger, dass Flinkest gut funktioniert, dass die Spieler-Gemeinschaft sie nutzt und in Dresden viele Spieletreffs organisiert werden.

Was sie schon ausprobiert haben: Über die App lassen sich auch Leute mit gleichen Interessen verbinden. Einmal organisierten sie eine Spielrunde für Dresdner Start-ups. „Wir sind allerdings erst nach zwei Stunden wirklich zum Spielen gekommen, weil vorher so viel geredet wurde“, erzählt Krannich. Denkbar wären natürlich auch andere spezielle Runden. Für Leute, die ihre Kinder mitbringen wollen, oder für Singles zum Beispiel. Kennenlernen in lockerer Spielatmosphäre. Könnte klappen.

www.flinkest.com