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Sicherungsverwahrung für Wiederholungstäter

Jens H. wurde wegen Vergewaltigung verurteilt. Er fühlt sich zu Unrecht von der Justiz verfolgt.

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Von Maren Soehring

Turbulenter letzter Prozesstag gegen den 47-jährigen Jens H. Mehrfach äußerte der gelernte Textilfacharbeiter lautstark seinen Unmut, unterbrach das Gericht, beschimpfte die Staatsanwältin, drohte allen mit der Vergeltung Gottes. Zweimal wollte er den Saal verlassen und verlangte von den Justizangestellten, ihn „rauszuschaffen“. Jens H. gehört nach eigener Aussage zu den „Reichsbürgern“, hält die geltenden Gesetze für ungültig.

Seit Ende Januar muss sich der mehrfach einschlägig vorbestrafte H., der bereits rund zehn Jahre seines Lebens im Gefängnis verbrachte, wegen schwerer Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht verantworten. Er soll zwei Frauen aus Plauen und Dresden K.-o.-Tropfen verabreicht und sie anschließend vergewaltigt oder sexuell genötigt haben. Nur wenige Tage vor Verhandlungsbeginn erstattete auch eine weitere Dresdnerin Anzeige, die ähnliches erfahren haben soll.

Immer gaukelte der Angeklagte den jungen Frauen vor, sie für eine Escort-Agentur zur Begleitung männlicher Prominenter gewinnen zu wollen. Nadine H. aus Plauen besuchte er im Mai 2010 in ihrer Wohnung, brachte auch reichlich Alkohol mit. An drei Gläser Sekt konnte sich die junge Frau noch erinnern. Danach habe sie einen kompletten Filmriss gehabt, sich bis zum Morgen mehrfach übergeben müssen und später Schmerzen im Genitalbereich gehabt, so ihre Zeugenaussage.

Die Strafkammer des Landgerichts war überzeugt, dass der 47-Jährige die damals junge Mutter bewusst in diese Lage versetzt, sie danach entweder befingert oder den Geschlechtsverkehr versucht hatte. Das Urteil dafür: sechs Jahre und sechs Monate Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung.

Der zweite angeklagte Fall endete mit einem Freispruch. Auch in Dresden soll H. im September 2011 einer damals 20-Jährigen, die auch als Nebenklägerin im Prozess auftrat, in einem Neustädter Lokal K.o.-Tropfen in den Kaffee gemischt und sie anschließend in der Herrentoilette einer Tankstelle vergewaltigt haben. Spuren von Gamma-Hydroxy-Buttersäure konnten hier, wie auch in Plauen, nicht nachgewiesen werden. Da dieser Fall nicht in das übliche Tatraster passe, am helllichten Tag passiert sei, könne man nicht ausschließen, dass der Sex wissentlich vollzogen wurde, die Zeugin später aus Schock und Scham Anzeige erstattet habe, so die Vorsitzende Richterin Michaela Kessler in der Urteilsbegründung.

Die extreme Maßnahme der Sicherungsverwahrung trotz recht dünner Beweislage begründete die Kammer mit der Vorgeschichte und der Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten: H. habe neben den vielen Vorstrafen auch aufgrund einer narzistischen Akzentuierung einen eigenen „Normenrahmen“, erkenne Sanktionen anderer nicht an. Er halte seine „Masche“ der Verführung junger Frauen immer noch für legitim. „Die Sicherungsverwahrung ist die einzig mögliche Konsequenz“, so Richterin Kessler.