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Showtime nach Schulschluss

Karoline Fahland singt seit acht Jahren im Kinderchor der Staatsoperette. Ihr Traumberuf ist trotzdem ein anderer.

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© Sven Ellger

Von Jana Mundus

Nur nicht stolpern. Bloß nicht in die falsche Richtung laufen. Das wäre peinlich. Auch nach acht Jahren sind es immer noch die gleichen Ängste, die Karoline Fahland mit auf die Bühne nimmt. Versingen oder Text vergessen – das ist nicht das Problem. „Wir sind ja mehrere Sänger, da fällt das nicht auf.“ Aber ganz allein das Gesamtbild zu sprengen, weil sie kopflos irgendwo querläuft, das wäre eine andere Sache. Also bleibt die Aufregung auch nach so langer Zeit groß. Die Bühne der Staatsoperette wird für die 16-Jährige nie zur Gewohnheit.

Kurze Probenpause. Im Dresdner Musiktheater laufen die Vorbereitungen für „Candide“ von Leonard Bernstein, das im März Premiere hat. Heute probt der Kinderchor. Normalerweise übt er in den Räumen der Musicalwerkstatt Oh-Töne auf der Bremer Straße, zu der er gehört. Doch heute will der Regisseur die jungen Sängerinnen und Sänger in der Operette sehen. „Das ist so kurz vor einer Premiere eigentlich normal“, erklärt Karoline routiniert.

Gerade war sie bei der Kostümprobe. Diesmal ist die Ausstattung für die Chormädchen eher schlicht. Schwarzer Rock und schwarzes Oberteil. Aber es ging auch schon pompöser zu. Wenn die Sprache auf „Die Hochzeit des Figaro“ kommt, stiehlt sich ein verzücktes Lächeln in Karolines Gesicht. „Da tragen wir hübsche Kleider in Pastelltönen“, sagt sie, und ihre Hände malen einen üppigen Rock in die Luft. Das witzigste Kostüm, daran kann sie sich auch erinnern: Das war ein Schneemann-Outfit für eine Weihnachtsshow – natürlich stilecht mit Karottennase.

Hausaufgaben hinterm Vorhang

In wie vielen Stücken sie bis heute schon zu sehen war, weiß die Zehntklässlerin gar nicht mehr. Es waren einige. Überall dort, wo Kinderstimmen zu hören sein sollen, wird der Chor gebraucht. Seit der zweiten Klasse ist Karoline schon dabei. „Meine Mutter hatte damals die Idee“, erzählt sie. Die singt selbst gern und schlug das besondere Hobby vor. Es gab ein Vorsingen, bei dem Karoline überzeugte. Heute probt sie dienstags und mittwochs mit ihren jugendlichen Kollegen. Am Dienstag stehen meist Tanzen und Stimmbildung an, am Mittwoch probt der Chor für aktuelle Stücke.

Regelmäßig hat Karoline Dienst. Nicht immer stehen alle Chormitglieder bei den Aufführungen auf der Bühne. Sie teilen sich in die Auftrittstermine. So wird es für niemanden zu viel. An solchen Abenden kann es spät werden. „Bei der Oper Hänsel und Gretel waren wir als Pfefferkuchenkinder erst am Ende dran“, erzählt sie. Da wurde es auch schon mal halb zehn, bis sie endlich auf der Bühne standen. Trotzdem müssen die jungen Sängerinnen und Sänger am nächsten Tag zeitig aufstehen und in die Schule. Da gibt es keine Ausnahmen.

Karoline lernt am Dresdner Kreuzgymnasium. „Bis jetzt habe ich Schule und Chor immer gut unter einen Hut bekommen.“ Sie ist bestens organisiert. Wenn es sein muss, lernt sie an einem Auftrittsabend hinter der Bühne noch für die Schule. Singen und Tanzen sind nicht ihr einziges Hobby. Karoline spielt Klavier und nimmt Ballettunterricht. Bleibt da noch Zeit für Freunde? „Auf jeden Fall.“ Die sitzen oft im Publikum, wenn die Schulfreundin auf der Bühne steht. Bei Premieren kommt eher die Verwandtschaft. „Meine Mutter sagt immer allen Bescheid, und viele sind dann mit dabei.“ Die Aufregung ist an so einem Abend noch etwas größer.

Im nächsten Schuljahr, wenn sie in der elften Klasse ist, wechselt Karoline ins Kurssystem. Die stressige Zeit bis zum Abitur beginnt. Theoretisch könnte sie im Kinderchor mitsingen, bis sie 18 Jahre alt ist. „Ich hoffe, mein Stundenplan sieht auch in Zukunft so aus, dass ich an den Chorproben teilnehmen kann.“ Aufgeben würde sie ihr Hobby nur ungern. Eines steht allerdings fest: Beruflich wäre das Leben auf der Bühne nichts für sie. Es soll eine Freizeit-Leidenschaft bleiben. Lieber will sie eine Naturwissenschaft studieren.

Die nächsten zwei Wochen werden anstrengend für Karoline. Zum Glück sind Ferien. Am 25. Februar feiert die Musicalwerkstatt Oh-Töne ihren zehnten Geburtstag. Mit einer Gala in der Staatsoperette. Der Kinderchor bereitet auch noch drei Stücke für dieses Programm vor. Eines ist das bekannte Lied „Revolting Children“ aus dem Musical Matilda – viel Choreografie ist dafür zu merken. Nur nicht stolpern. Bloß nicht in die falsche Richtung laufen.

Auch die Profis patzen

Wobei – auch den Profis passieren Pannen, weiß die junge Sängerin. „Beim Zauberer von Oz lag der Chor am Boden und wir warteten auf unser Stichwort von der Hauptdarstellerin. Da sollten wir aufstehen und lachen.“ Alles ging glatt, alle lachten. Doch dann kam das Stichwort noch einmal. „Wir haben uns alle kurz angeschaut und dann einfach wieder gelacht.“ Mit den Jahren werden eben auch die Jüngsten zu echten Bühnenprofis.

www.oh-toene.de