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Shoppen unter Gleisen

Im Juli eröffnen die ersten Läden im neuen Hauptbahnhof. Die Deutsche Bahn verspricht einen bunten Branchenmix.

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© André Wirsig

Von Tobias Winzer

Bernhard Probst freut sich schon. Der Chef des Biohofs Vorwerk Podemus wird im Juli einen rund 320 Quadratmeter großen Laden im Dresdner Hauptbahnhof eröffnen – die siebte Filiale in Dresden und die neunte insgesamt. Probst ist sich sicher, dass der neue Bioladen ein Erfolg wird. „Wir denken einfach, dass es eine relativ große Schnittmenge zwischen Ökokunden und Bahnfahrern gibt“, sagt er. „Deswegen wollen wir auch so schnell wie möglich eröffnen.“ Im Mai, so hofft er, können seine Mitarbeiter mit dem Innenausbau des Ladens an der Bayerischen Straße beginnen. Sechs Wochen später könnte dann alles fertig sein.

Vermarktungsmanager Janusch Plewnia erklärt den Ladenplan des Bahnhofs. In das gelb markierte, große Geschäft am Wiener Platz zieht Lidl.
Vermarktungsmanager Janusch Plewnia erklärt den Ladenplan des Bahnhofs. In das gelb markierte, große Geschäft am Wiener Platz zieht Lidl.

Nicht nur Bio-Unternehmer Bernhard Probst verspricht sich ein gutes Geschäft, sondern auch die Deutsche Bahn. Fünf Jahre nach dem Ende der rund 200 Millionen Euro teuren Sanierung des Hauptbahnhofs steckt das Unternehmen deswegen noch einmal rund 25 Millionen Euro in das mehr als hundert Jahre alte Gebäude. Unter den beiden Hochbahnsteigen – dort, wo früher größtenteils Lager und Büros eingerichtet waren – entsteht nach dem Vorbild des Leipziger Hauptbahnhofs ein 11.000 Quadratmeter großes Einkaufszentrum mit insgesamt 40 Läden. Allerdings gibt es in Leipzig rund dreimal so viele Geschäfte.

Die Investitionssumme soll langfristig über Mieteinnahmen wieder eingespielt werden. Derzeit nutzen 60.000 Besucher pro Tag den Bahnhof. Die Deutsche Bahn hofft auf bis zu 100.000 potenzielle Kunden ab 2014. Im April des kommenden Jahres sollen die Bauarbeiten im Hauptbahnhof abgeschlossen sein.

Am weitesten fortgeschritten sind die Bauarbeiten auf der Südseite – dort, wo auch Bernhard Probst seinen Laden eröffnen wird. Die Deutsche Bahn will die Geschäfte in den kommenden Wochen an die künftigen Mieter übergeben. Anschließend beginnt der Innenausbau. Besonderheit der Läden sind die vielen Säulen. Sie stützen die tonnenschweren Hochbahnsteige, die sich nur etwa einen Meter über den neuen Geschäften befinden. Wie Bahn-Projektleiter Sven Brandenburg gestern sagte, werden in einige Stützen auch sogenannte Bremsscheiben eingebaut. Diese federn das Gewicht der darüberliegenden Bahnsteige und fahrenden Züge ab.

Klarheit für Königspavillon

Der Vermarktungsmanager des Hauptbahnhofs, Janusch Plewnia, verspricht einen bunten Branchenmix für das geplante Einkaufszentrum. Neben Vorwerk Podemus werden der Schuhladen Görtz, die Drogerie Rossmann, der Geschenkeladen Nanu Nana sowie eine Apotheke auf die Südseite ziehen. „Wir wollen qualitativ hochwertige Mieter“, sagte Plewnia. Im November sollen dann auch die Geschäfte auf der Nordseite zum Wiener Platz hin eröffnen. Die Bekleidungsläden Mexx und Esprit, das Einrichtungsgeschäft Strauss Innovation und das Café Starbucks sind dort geplant. Alle Filialen sollen zusätzlich auf den Dresdner Markt kommen. Es werden keine Läden im Stadtgebiet geschlossen. Größter Mieter wird der Discounter Lidl. Er zieht in ein 1.700 Quadratmeter großes Geschäft direkt am Wiener Platz ein.

Wenn die Bauarbeiten beendet sind, werden auch die Pavillons in der Eingangshalle des Bahnhofs verschwunden sein. Der Blumenladen und die Geldwechselstube bekommen dauerhafte Läden auf der Nord- oder Südseite.

Plewnia hatte Ende des vergangenen Jahres auf der Münchner Immobilienmesse Expo Real um Mieter geworben. Seinen Angaben zufolge sollen bereits 33 der 40 neuen Läden vergeben sein. Für die restlichen Geschäfte laufen derzeit Verhandlungen. Offenbar bemüht sich die Deutsche Bahn, weitere lokale Händler und Unternehmen als Mieter zu gewinnen. Wie Plewnia gestern verriet, wird der Pieschener Bäckermeister Matthias Walther mit seinem Keksladen „Kexerei“ in den Hauptbahnhof ziehen. Für ihn ist das ein Neuanfang. Erst im Juli des vergangenen Jahres hatte er seinen Laden in der Centrum-Galerie nach drei Jahren geschlossen.

Beliefert werden die neuen Geschäfte von der Bayerischen Straße und vom Wiener Platz aus. Die Waren werden dann mit Lastenaufzügen in den Keller gefahren, wo riesige Lagerflächen eingerichtet sind. Das Untergeschoss stand zum Elbehochwasser 2002 komplett unter Wasser und wurde danach nur notdürftig saniert. Jetzt befinden sich dort neben den Lagerflächen die Heizungs- und Lüftungssysteme sowie Elektroleitungen und Abwasserrohre für das neue Einkaufszentrum. „Wir haben den Keller entkernt und komplett neu aufgebaut“, sagt Projektleiter Brandenburg. Er bezeichnet das öffentlich nicht zugängliche Untergeschoss als das Herzstück des neuen Hauptbahnhofs.

Entschieden ist unterdessen auch, wie es mit dem bereits sanierten Königspavillon weitergeht. Er soll ab April 2014 als zusätzlicher Eingang in den Hauptbahnhof geöffnet werden. Die Bahnreisenden erreichen dann direkt die Hochbahnsteige 17,18 und 19. Im Königspavillon selbst soll Platz für Kulturprojekte sein. Laut Deutscher Bahn könnten dort Kunstausstellungen stattfinden.