Merken

Sexvorwürfe frei erfunden?

Ein 49-Jähriger stand wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern vor Gericht. Das Opfer muss vorgeführt werden.

Teilen
Folgen
© Symbolfoto: André Braun

Von Helene Krause

Döbeln. Ein 49-Jähriger soll einer 13-Jährigen unters T-Shirt gegriffen und ihre Brüste berührt haben. Später soll er ihr drei Zungenküsse gegeben haben. Wegen dieser Vergehen stand der Mann am Mittwoch vorm Schöffengericht des Amtsgerichts Döbeln. Vorgeworfen wurde ihm der sexuelle Missbrauch von Kindern. Die Taten sollen sich Ende 2014 zugetragen haben. Zur Tatzeit hielt sich die damals 13-jährige Schülerin in der Wohnung des Angeklagten auf, der damals in Waldheim lebte. Der schweigt zu den Tatvorwürfen.

Heiko Felgner, der Schulleiter der Förderschule Waldheim, die das mutmaßliche Opfer besucht, sagt in der Zeugenvernehmung, dass er und die Lehrer in Sorge gewesen wären. „Sie war spätpubertierend und auf der Suche nach einer Vaterfigur“, schildert er. Weil der Angeklagte das Mädchen von der Schule abholte, wandte er sich Felgner an die Eltern. Als er den Beschuldigten Ende Oktober 2014 zufällig in Waldheim traf, sprach er mit ihm. „Er wollte mir das Schutzbedürfnis erklären, dass er gegenüber der Geschädigten aufgebaut hat“, sagt Heiko Felgner. Als die Schülerin im November zu einem berufsvorbereitenden Projekt nicht erschien, informierte der Schulleiter die Polizei. „Sie konnte nicht auf Distanz gehen“, sagt er weiter. „Sie wollte ständig Lehrer umarmen.“ Aufgrund der Vorkommnisse erhielt der Angeklagte Hausverbot in der Förderschule. Das wurde in der Zwischenzeit wieder aufgehoben.

Der psychiatrische Gutachter Dr. Matthias Lange aus Berlin kennt den Angeklagten seit 2001 und bescheinigt ihm, keine pädophilen Neigungen zu haben. „Er hätte Distanz gewollt“, sagt Dr. Lange. „Die Geschädigte ist auf ihn zugekommen, wollte ihn umarmen. Sie schrieb ihm, dass sie ihn heiraten und ein Kind von ihm will.“

Schülerin drohte mit Suizid

Um den Umgang der Tochter mit dem Angeklagten zu unterbinden, zeigte ihn die Familie des Opfers an. Angeblich soll er die 13-Jährige geschlagen haben. Die Geschädigte wurde in einem Kinderheim untergebracht. Dort riss sie aus. Sie rief den Angeklagten an. Sie sagte ihm, dass sie aus dem Heim ausgerissen ist. Er sollte sie in Dresden abholen. Sie drohte mit Selbstmord. Außerdem, so sagt es der Gutachter, soll sie gedroht haben, den Angeklagten anzuzeigen, wenn er nicht mit ihr schlafe. Eine Freundin des vermeintlichen Opfers wollte ebenfalls ein Verhältnis mit ihm haben.

Um den Zudringlichkeiten der 13-Jährigen und weiterer Mädchen der Förderschule zu entgehen und nicht weiter angefeindet zu werden, zog der Angeklagte aus Waldheim weg. Er geht einer geregelten Arbeit nach. Dem Psychiater sagte er, dass er keine Kinder angreift. „Er ist es gewöhnt, die Normen einzuhalten.“, so Dr. Matthias Lange. „Die Geschädigte hat ihm von den chaotischen Familienverhältnissen erzählt, in denen sie lebt. Die Mutter und der Stiefvater sollen trinken“, ergänzt er.

Das mutmaßliche Opfer kann zu den Tatvorwürfen nicht befragt werden. Das Mädchen ist nicht zur Verhandlung gekommen. Deswegen setzt Richterin Marion Zöllner das Verfahren aus. Zum nächsten Prozesstermin im April wird die Geschädigte dann gemeinsam mit ihrer Mutter zur Verhandlung vorgeführt.