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Sex mit Hindernissen

Comedienne Tatjana Meissner begeistert das Publikum im Bautzener Burgtheater.

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© Carmen Schumann

Von Carmen Schumann

Bei Tatjana Meissner in der ersten Reihe zu sitzen, ist gefährlich. Stammzuschauer wissen das. Die Gäste, die sich die Comedienne am Freitagabend für ihre Zwiegespräche aussuchte, trugen es mit Fassung, dass sie immer wieder von ihr ins Gebet genommen wurden. Die spitzzüngige Moderatorin, Sängerin und Tänzerin ist schon fester Bestandteil der SZ-Reihe Literatur live. Geschäftsführer Ralf Haferkorn bezeichnete sie gar als „unsere freie Mitarbeiterin“. Jedenfalls ist die Potsdamerin ein Garant für einen vollen Saal. Auch diesmal blieb im Bautzener Burgtheater kein Platz mehr frei, als Tatjana Meissner ihr neues Programm „Sexuelle Evolution“ vorstellte. Stammzuschauer trafen dabei auf gute alte Bekannte, nämlich Tatis Lehrerin-Mutter, ihren guten Freund Ronny sowie ihren Lebensgefährten Karsten.

Wie immer kommt die Dampfplauderin von einem Thema zum anderen, nimmt das Publikum zum Beispiel mit zu sich nach Hause, in die Potsdamer Straße, die als die kinderreichste Deutschlands gilt. Mit den verzogenen Gören von „Helikopter-Eltern“ hat Tati durchaus ihre Probleme. Und nicht nur mit den lieben Kleinen, die Marie-Johanna, Lars Maria Finn oder Kai-Fernando heißen, sondern auch mit den Eltern, die alle bio und öko sind. Ihre Lieblingsfeinde sind nach wie vor die späten Mütter mit ihren aufgespritzten Lippen. Diese haben immerhin einen Vorteil: „Schlauchbootlippen schwimmen oben, wenn die Welt überflutet wird!“ Für die Kleinen hat sie immerhin Verständnis: „Die Kinder heute müssen machen, was sie wollen – damit sind sie überfordert.“

Dabei hätte Tatjana Meissner doch so gerne endlich selbst ein Enkelkind. Doch der Schwiegersohn, ein Holländer, weigert sich, einen weiteren „Umweltverschmutzer“, wie er sagt, in die Welt zu setzen. Dabei, das weiß Tatjana Meissner, sind doch die Rentner die größten Umweltverschmutzer wegen des Methangas-Ausstoßes. Überhaupt stellt sie sich die Frage, wozu Frauen ab 40 – so wie sie – überhaupt noch leben, da sie doch nicht mehr fruchtbar sind und auch ihre Großmutterqualitäten nicht abgerufen werden. Irritiert haben die Meissner auch die Ergebnisse einer Forschungsstudie, bei der herauskam, dass 70 Prozent der jungen Leute lieber auf Sex verzichten würden, als auf ihr Smartphone.

Zusatzader für den Handydaumen

Forscher wollen sogar herausgefunden haben, dass den Menschen neuerdings eine zusätzliche Ader wächst, um den Daumen besser mit Blut zu versorgen. Da sei es dann ja kein Wunder, wenn das Blut woanders fehlt. So könne es dann ja auch nichts werden mit der Geburtenrate! Erschwerend kommt noch hinzu, dass es in Deutschland acht Monate zu kalt ist für warme Füße. Und Frauen leiden bekanntlich unter kalten Füßen. „Mit jedem Grad Erwärmung steigt die Lust zur Fortpflanzung“, sagt Tatjana Meissner und stellt fest, dass so gesehen die Erderwärmung geradezu ein Segen sein könnte. Zielscheibe ihres Spotts werden auch die alten Männer mit ihren jungen Frauen sowie auch der gegenläufige Trend, nämlich die Toyboys, also Spielzeugjungen für ältere Frauen. „Was Madonna kann, kann ich schon lange!“ Sie spricht’s und legt eine gekonnte Madonna-Parodie mit schwarzem Tüten-BH auf die Bühne.

Überhaupt staunt Tatjana Meissner, was es so für prominente Paare gibt: zum Beispiel Veronika Ferres. „Die muss den Maschmayer wirklich lieben – spielen kann sie das nicht!“ Oder bei Rainer Calmund: „Das macht die Gravitationskraft, dass seine Sylvia bei ihm bleibt.“ Und wenn Tatjana Meissner so über die Evolution nachdenkt, kommt sie zu dem Schluss, dass alle, die im Saal sitzen, die fittesten Homo sapiens ever, ever, ever sind. Schließlich sind sie ja bei der natürlichen Auslese über all die Jahrtausende als die Sieger hervorgegangen. Wenn sie alleine daran zurückdenkt, was Leute wie sie in den mittleren Jahren nicht alles überlebt haben: Beetumrandungen aus Wellasbest und Autos aus Pappe und ohne Gurt.

Ohne Zugabe entlassen die Bautzener ihre Tati nicht von der Bühne. Begeistert singen sie mit ihr: „Deutsche Männer sind wie Eichhörnchen.“