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Seuche tötet massenweise Kaninchen

Seit knapp vier Wochen bedauern Tierhalter hohe Verluste. Probleme gibt es mit dem Impfstoff.

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© DA-Archiv/André Braun

Von Maria Fricke

Döbeln. Scheinbar ohne Grund liegen Kaninchen plötzlich tot im Stall. Diesen Anblick erleben derzeit zahlreiche Züchter aus der Region. Der Grund: Die Chinaseuche ist zurück. Bereits im Herbst des vergangenen Jahres vernichtete der Virus RHDV-2 zahlreiche Tiere. Seit etwa vier Wochen mehren sich die Anrufe besorgter Halter sowie die Impfanfragen in der Tierärztlichen Gemeinschaftspraxis von Dr. Sabine Franz und Frank Jäckel in Döbeln. „Zurzeit ist es ganz schlimm“, sagt Franz. Das bekommen auch die Mitarbeiter des Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramts (Lüva) zu spüren. „Auch im Lüva wurden durch besorgte Tierhalter Fälle von erhöhten Verlusten in ihren Kaninchenbeständen berichtet“, so Kreissprecherin Cornelia Kluge. Einige Halter hätten ihre Tiere auch in dem Amt abgegeben, damit diese in der Landesuntersuchungsanstalt getestet werden.

„Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind die betroffenen Tiere an der Chinaseuche Typ 2 erkrankt“, sagt Franz. Ein bestätigtes Laborergebnis liege bisher nicht vor. „Aber so, wie sich der Verlauf entwickelt, spricht vieles für diese Variante“, ergänzt Sabine Franz. Anzeichen für diesen Typ des RHD-Virus seien, dass die Tiere plötzlich versterben und auch Jungtiere betroffen sind.

Bei dem Virus handelt es sich um die veränderte Form des bereits seit vielen Jahren bekannten RHD-Virus. Gegen diesen können Halter ihre Tiere auch impfen lassen. Der Impfstoff wirkt jedoch in normaler Dosierung bei der Typ-2-Variante nicht. Gegen diese wurde ein neuer Impfstoff entwickelt, den es in der Vergangenheit nur aus Frankreich gab. Inzwischen wird er auch in Deutschland hergestellt, ist aber zurzeit laut Tierärztin Franz nicht lieferbar. „Voraussichtlich Ende Juli soll es wieder eine Lieferung geben“, so die Expertin.

Doch selbst dann hat das Impfen mit dem neuen Wirkstoff seine Tücken. Zum einen, weil er im Vergleich zu dem anderen Impfstoff teurer ist, sagt Franz. Preise nennt sie nicht. Eckhard Beuchler, der Vorsitzende des Regionalverbands Döbelner Rassekaninchenzüchter, spricht von drei bis vier Euro pro Impfung pro Tier. „Nach oben gibt es da keine Grenzen“, so Beuchler, der selbst züchtet, dessen Bestand bisher aber von der Seuche verschont geblieben ist. Neben den Einzelimpfungen gibt es auch Großpackungen für 50 Tiere. Aber viele Halter haben weniger Tiere. Daher schließen sich manche zusammen, um ihre Bestände gemeinsam impfen zu lassen, wie Sabine Franz sagt. Das muss jedoch in einem kurzen Zeitfenster innerhalb von zwei Stunden passieren. Danach ist der Impfstoff nicht mehr zu gebrauchen.

Aus diesen Gründen lassen viele Halter ihre Tiere gar nicht erst impfen, weiß Beuchler. Für Sabine Franz ist das ein Rückschlag in Sachen Impfschutz. „Wir hatten fast einen flächendeckenden Impfschutz bei der klassischen Chinaseuche erreicht“, sagt die Döbelnerin. Den bisherigen Impfstoff bietet die Expertin auch als Alternative für den erweiterten an, um gegen den Typ-2 zu schützen. Allerdings müssen die Tiere dann mehrmals geimpft werden. „Nach der Erstimpfung folgt eine Wiederholung in drei Wochen. Eine weitere ist nach einem halben Jahr notwendig“, erklärt Franz. Studien hätten gezeigt, dass in dieser Verabreichung auch der klassische Impfstoff einen gewissen Widerstand gegen den Typ-2 bietet. Zum Impfen fährt die Tierärztin auch zu den Haltern nach Hause. Selbst den Wirkstoff verabreichen dürfen diese jedoch nicht. „Dazu ist nur Fachpersonal befugt“, betont die Tierärztin.

Als Schutzmaßnahme empfiehlt die Tierärztin den Haltern, die Tiere drinnen zu lassen. Denn das Virus kann sogar vom betroffenen Bestand des Nachbarn über umherfliegende Tröpfchen auf die eigene Haltung übergreifen. Auch Insekten sowie Menschen übertragen RHDV-2. „Manche lassen daher niemanden mehr in ihren Stall“, sagt Sabine Franz. Mit Fliegengittern lassen sich diese vor Insekten schützen.

Ist der Virus einmal ausgebrochen, sollten die Halter den Käfig und alles, was mit den Tieren in Kontakt gekommen ist, desinfizieren. „Dazu reicht auch Kalk aus“, sagt Franz. Das Friedrich-Löffler-Institut empfiehlt, die Ställe frühestens nach acht bis zwölf Wochen wieder zu belegen. Bei den derzeitigen Temperaturen kann das Virus bis zu dreieinhalb Monate überleben. In Kadavern hält sich das Virus bei tiefen Temperaturen nachweislich sogar bis zu sieben Monate, heißt es in einer Mitteilung des Friedrich-Löffler-Institutes. Tote Tiere sollten daher in die nächste Tierbeseitigungsanlage gebracht werden, sagt Eckhard Beuchler. Für die Region ist das die Anlage in Lenz bei Großenhain. Zum Verzehr sind die Tiere nicht mehr geeignet.

Wie viele Kaninchen im Raum Döbeln bereits an dem Virus verstorben sind, ist unklar, da die Krankheit nicht gemeldet oder angezeigt werden muss. Manche Züchter haben einen sehr hohen Verlust zu beklagen. So berichtet Eckhard Beuchler von einem Bekannten, der über 150 Tiere verloren habe. Nur die wenigsten betroffenen Halter wollen öffentlich über das Thema sprechen. Zum Teil auch, weil einige, auch aus Kostengründen, nicht impfen lassen. Für die Schauen, die ab kommendem Monat wieder in der Region stattfinden, sind die Anmeldungen derzeit eher zurückhaltend. Um die Hälfte weniger Interessenten hätten sich bisher angemeldet, sagt Beuchler. Viele Züchter würden bei den Verlusten und Impfpreisen langsam den Mut verlieren, fügt Beuchler hinzu.