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Sendepause in Görlitz

Tausende Kommwohnen-Mieter können zurzeit eRtv nicht sehen. Schuld ist der Wechsel von Vodafone zur Telekom.

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© nikolaischmidt.de

Von Daniela Pfeiffer

Görlitz. Da schaut man schon ein wenig dumm in die Röhre. Euroregional-TV – und damit den lokalsten Sender, den der TV-Zuschauer in Görlitz sehen kann – flimmert zurzeit nicht über den Bildschirm. Jedenfalls bei geschätzten 2500 bis 4000 Görlitzern. Die Angaben schwanken, weil einerseits der städtische Großvermieter Kommwohnen von 2 500 Mietern spricht, die das zurzeit betreffe, der Sender aber von um die 4000 Betroffenen.

Ursache des ärgerlichen Ausfalls ist ein Anbieterwechsel von Vodafone auf Telekom. Den hat Kommwohnen für seine Mieter vorgenommen, die Umstellungsphase läuft noch. Das ist auch der Grund, warum eRtv-Chef Christian Wiesner und Jens Walkowiak, der die Sendungen produziert, eben von weit höheren Zahlen ausgehen. All diese Mieter nun können kein eRtv mehr empfangen. Manche schon seit Februar, weitere sind durch die nächste Umstellungsphase im April dazugekommen, die Teile von Weinhübel-Süd und Königshufen betraf. „Darüber gehen bei uns viele Beschwerden ein“, sagt Jens Walkowiak. „Aber wir können da wirklich nichts dafür. Hier hätte Kommwohnen viel früher an uns herantreten müssen, damit wir uns um eine Lösung bemühen können. Wir hätten uns spätestens im vergangenen Sommer an einen Tisch setzen müssen. Stattdessen wurden wir vor vollendete Tatsachen gestellt.“ Das Problem: Mit der Telekom gibt es keinen Vertrag, deshalb die zwangsläufige Sendepause.

Kommwohnen-Chef Arne Myckert sieht das Ganze trotzdem auf einem guten Weg. Der Sender und die Telekom seien seit Dezember im Gespräch – und zwar auf Betreiben von Kommwohnen hin. Die Telekom sei bereit, das Signal von eRtv einzuspeisen. Doch so einfach ist das offenbar nicht. Mit dem Vorgänger Vodafone gibt es eine Standleitung zwischen Görlitz und Berlin. Wo der Einspeisepunkt nun bei der Telekom sein soll, ob Leitungen gemietet werden müssen, was das alles kosten soll – all das ist laut eRtv noch nicht abschließend geklärt. „Drähtel rein und raus, so einfach ist das nicht“, sagt Christian Wiesner. Er bestätigt aber Myckerts Aussage, mit der Telekom im Gespräch und zuversichtlich ob einer einvernehmlichen Lösung zu sein. „Ich kann aber noch nicht sagen, wann das der Fall sein wird“, gibt er auch zu bedenken. „Die Telekom wird sich vertraglich absichern, ihre Juristen prüfen lassen, wir wissen nicht, wie lange das in Anspruch nehmen wird. Aber Fakt ist: Das Kind ist nun mal in den Brunnen gefallen, und wir müssen da wieder Luft dran bekommen.“

Für eRtv hat der längere Ausfall Konsequenzen: So sind die Werbeeinnahmen massiv eingebrochen. Jens Walkowiak sagt: „Die Unternehmen, die bei uns werben, sind vorrangig Görlitzer. Und die schalten auch keine Werbung mehr, wenn sie nicht zu sehen ist.“ Zu sehen ist bei eRtv unter anderem die monatliche Stadtratssitzung, die live übertragen wird. Dafür zahlt die Stadt jährlich einen fünfstelligen Betrag. Konkret waren das im Jahr 2010 noch 12000 Euro – das ist die letzte der SZ bekannte Summe. Den aktuellen Betrag möchte das Rathaus nicht nennen. Stadtsprecher Wulf Stibenz verweist auf den „Schutz von privaten Dritten und den Datenschutzrichtlinien“, da es sich nicht nur um eRtv als Dienstleister handle.“

Zudem bestehe auf die Übertragung der Ratssitzung ohnehin kein Rechtsanspruch. Vielmehr sei es ein Service der Vermieter und die Bereitstellung des Angebots durch die Stadt. Die aktuellen Probleme in Kommwohnen-Gebäuden seien zwischen Kommwohnen, der Stadtverwaltung und dem Geschäftsführer von eRtv thematisiert worden. So wären mehrere Optionen zur künftigen Verbesserung der Empfangbarkeit abgewogen worden, damit möglichst viele Görlitzer die Stadtratssitzungen von zu Hause aus sehen können. Die ist übrigens auch als Stream auf der Stadthomepage, der eRtv-Website und über Facebook zu verfolgen. Übertragungsfehler beim Livestream, wie sie insbesondere in der vorletzten Sitzung auftraten, seien behoben.

Auch Jens Walkowiak und Christian Wiesner verweisen darauf, dass man den Sender nicht nur klassisch über den Kabelbetrieb, sondern auch DVB-T (Überallfernsehen), reines Internet oder Handy und Tablet sehen kann. Deshalb sei es auch schwer zu sagen, wie viele Zuschauer man in Görlitz genau habe. „Aber gerade in Görlitz sind viele ältere Menschen unter unseren Zuschauern, für die Kabelfernsehen das technisch Einfachste ist“, sagt Wiesner.