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Seltener Fund in der Tiefe

In Dippoldiswalde entdecken Archäologen ein Stück Eisen. Warum es besonders kostbar ist.

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© Egbert Kamprath

Von Franz Herz

Dippoldiswalde. Die Baustelle der Bergsicherung auf der Glashütter Straße in Dippoldiswalde ist so gut wie abgeschlossen. Im November sind dort die unterirdischen Hohlräume mit einem Betonriegel gesichert worden, wie Bernhard Cramer, der Leiter des Oberbergamts in Freiberg, informierte. Auch die archäologischen Untersuchungen des mittelalterlichen Bergbaus dort sind abgeschlossen. Jedoch gab es dort noch einen ganz besonderen Fund, wie Jitka Hricková vom Landesamt für Archäologie berichtet. Ein kleines rundes Metallstück lag dort in der Tiefe. Wahrscheinlich war es ein Senklot, nehmen die Archäologen an.

Ein besonders seltener Fund ist dieses Metallstück aus dem mittelalterlichen Bergbau unter der Glashütter Straße.
Ein besonders seltener Fund ist dieses Metallstück aus dem mittelalterlichen Bergbau unter der Glashütter Straße. © Foto: Landesamt f. Archäologie

Eisen war im Mittelalter sehr wertvoll. Das haben die Bergleute nicht einfach liegenlassen. Deswegen sind solche Funde äußerst selten und besonders kostbar. Womöglich ist dieses Schnurlot vor Jahrhunderten verloren gegangen und damals nicht wiedergefunden worden. Nach den Informationen der Archäologen ist es eines der frühesten Exemplare dieser Art von Vermessungsgeräten, die überhaupt bekannt sind. Mit Sicherheit gehört das Lot zu den ältesten Metallwerkzeugen, die in der Stadt Dippoldiswalde noch erhalten sind.

Nur kurze Zeit zugänglich gewesen

Sein Fundort war auch nur kurze Zeit zugänglich. Die tiefsten Stellen unter der Glashütter Straße stehen jetzt schon wieder unter Wasser, informierte Hricková. Die Erkundung ist abgeschlossen, und die Bergsicherung pumpt hier nicht mehr ab. In diesem Bereich haben die Archäologen interessante Funde gemacht, die jetzt ausgewertet werden. Mindestens zwei verschiedene Abbauphasen lassen sich hier nachweisen. Die genauen Jahreszahlen werden aber erst dann feststehen, wenn die Untersuchungen der Hölzer abgeschlossen sind. Die Forscher nutzen die Jahresringe, um Holzfunde exakt zu datieren. Der Fachbegriff lautet dafür Dendrochronologie. Das ist ein bewährter Weg. Die Jahresringe der Bäume sind verschieden und geben für jede Zeit ein typisches Muster. In guten Jahren sind sie stark gewachsen, in dürren Jahren eher dünn. Wie das aussieht, ist bekannt, beispielsweise von Schlössern oder Kirchen, deren Baudaten dokumentiert sind. Die Archäologen vergleichen dann diese bekannten Muster mit den Funden aus dem Dippoldiswalder Bergbau und ordnen sie damit zeitlich ein.

Es sind also noch einige Neuigkeiten aus dem Dippoldiswalder Altbergbau zu erwarten. Zumal der Hohlraum unter der Glashütter Straße enorme Ausmaße hat. Jitka Hricková sagt: „Da der Gangbereich ungewöhnlich großräumig ist, vermuten wir einen ausgedehnten Erzabbau.“ Zwei Füllorte haben die Archäologen gefunden. Dort wurde das Erz umgefüllt und in Eimern an Seilen nach oben gezogen. Dafür waren die Haspeln erforderlich. Von ihnen sind noch etliche Holzreste gefunden worden. Diese sind erhalten geblieben, weil sie über Jahrhunderte unter Wasser standen und dadurch konserviert worden sind.

Die Forschungen der Archäologen sind Teil des internationalen EU-Forschungsprojekts zum mittelalterlichen Bergbau Archaeomontan. Sie laufen parallel zur Arbeit der Bergsicherung. Diese ist im Auftrag des Oberbergamts tätig. Hier steht nicht die Forschung im Vordergrund, sondern die Sicherheit für Dippoldiswalde. Ihre Aufgabe ist es, erstens die Hohlräume zu erkunden, diese zweitens so weit zu öffnen, dass man darin arbeiten kann. Bergleute sprechen hier vom Aufwältigen. Drittens werden sie schließlich so verwahrt, dass die Häuser und die Straße darüber wieder sicher stehen und die Gefahr von Tagesbrüchen gebannt ist.

In Dippoldiswalde laufen schon seit Jahren solche Sicherungsarbeiten an der Glashütter Straße. Bei früheren Arbeiten hat sich gezeigt, dass die Hohlräume weitergehen unter der Straße und unter Gebäuden entlang. Darüber sind keine Karten überliefert. Schriftliche Aufzeichnungen aus dem Bergbau setzten erst in späteren Jahrhunderten ein. Um diese Hohlräume vor allem unter der Straße zu sichern, ließ das Bergamt die Arbeiten fortsetzen. Bis Ende September sind rund hundert Meter Strecke aufgewältigt und gesichert worden. Rund 300 Kubikmeter Material haben die Bergleute aus der Tiefe geholt und dabei auch neue Hohlräume entdeckt. Fünf Tagesschächte, die zur Oberfläche führen, müssen sie ebenfalls sichern.

Vor wenigen Wochen begannen neue Erkundungs- und Verwahrarbeiten auf der anderen Straßenseite. Dafür wurde die Glashütter Straße von Dippoldiswalde in Richtung Reinholdshain für alle Fahrzeuge außer Linienbusse gesperrt. Man darf gespannt sein, ob auch an dieser neuen Erkundungsstelle Funde aus dem mittelalterlichen Bergbau auftauchen.