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Seit neun Wochen sucht er seine Frau

Kurz vor Weihnachten ist eine 51-Jährige aus Niederlichtenau verschwunden. Ihre Spur verliert sich in der Nähe der Zschopau.

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© Andreas Seidel

Von Bettina Junge

Lichtenau. Im Arbeitszimmer von Gesundheitsberaterin Anett Wagner hängen Bilder vom Urlaub in Stockholm und Tallinn. Der Schreibtisch ist aufgeräumt. An der Wand kleben ein paar Hinweiszettel und Fotos: Für April ist wieder ein Augenspaziergang in Lichtenwalde geplant.

Jeden Moment denkt der Besucher, dass die 51-Jährige den Raum betritt. Doch Ehemann Friedemann Wagner schaut gedankenverloren aus dem Fenster. Hinter dem Garten fließt ein Bächlein, weite Felder mit Wäldchen sind bis zum Horizont zu sehen. Ein paar Hochlandrinder grasen friedlich auf dem Nachbargrundstück. „Ich bin fast am Ende“, sagt der 54-Jährige. Seit neun Wochen wird seine Frau vermisst.

Als der Inhaber einer Elektrotechnik-Firma am 21. Dezember gegen 15 Uhr von der Arbeit kam, war das Haus verschlossen. Erst habe er gedacht, dass sie einkaufen ist. Doch das Auto stand in der Garage. Als er sie im gesamten Grundstück und Haus gesucht hatte, stellte er fest, dass Personalausweis, Führerschein, Portemonnaie und persönliche Sachen nicht fehlten. Auch Zahnbürste und Kosmetika waren im Badezimmer. „Vielleicht ist sie spazieren“, dachte er. Denn um abzuschalten und auf andere Gedanken zu kommen, habe sie dies manchmal gemacht, fügt er hinzu. Doch als es dunkel wurde, habe er sich größere Sorgen gemacht und Nachbarn in der Siedlung sowie Freunde angerufen. Ergebnislos. Er informierte die Polizei.

Hoffnung stirbt zuletzt

Die Suche mit Fährtenhunden und Hubschrauber brachte nichts. Bis heute. „Irgendwie funktioniert man einfach“, sagt Friedemann Wagner. Das Weihnachtsfest, sein 54. Geburtstag, Silvester, Neujahr – er wisse nicht, wie er die letzten Tage überstanden hat. Doch es gehe, fügt er hinzu. Er stürze sich in die Arbeit. Mit den beiden erwachsenen Kindern rücke er näher zusammen. Nachbarn hätten aufgehört zu fragen, weil die Antwort unerträglich sei. Es habe auf die öffentliche Vermisstenmeldung zwar Hinweise gegeben. Die brachten aber nichts. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt er.

Am vergangenen Sonntag ist der Fall in der Sendung „Kripo live“ ausgestrahlt worden. „Seitdem sind vier Hinweise eingegangen. Diese werden geprüft“, teilte Polizeisprecherin Jana Kindt am Freitag auf Anfrage mit. Ob es neue Anhaltspunkte gibt, ist nicht bekannt. „Ich hoffe trotzdem, dass sie gesund wiederkommt“, sagt Friedemann Wagner.

Suche ohne Erfolg

In der Sendung des Mitteldeutschen Rundfunks wird beschrieben, dass sich die Spur von Anett Wagner an der Zschopau bei Braunsdorf verliert – und damit rund fünf Kilometer von ihrem Wohnhaus entfernt. Am 20. Januar seien in diesem Bereich umfangreiche Suchmaßnahmen durchgeführt worden. Allerdings ohne Erfolg.

Im Beitrag spricht Rafael Scholz von der Polizei Chemnitz. Er sagte, es lägen bisher keine Anhaltspunkte für eine Straftat vor. Friedemann Wagner ergänzte, dass es ebenso keine Hinweise auf einen Unfall oder Suizid gebe.

Laut Wagner habe seine Frau am Abend ihres Verschwindens einen blauen Parka mit Kapuze, eine Jeans und grüne, gefütterte Wintergummistiefel getragen. Sie ist 1,72 Meter groß und schlank.

In der Polizeidirektion Chemnitz ist der Lichtenauer Vermisstenfall einer von acht, der zurzeit bearbeitet wird, sagt Sprecherin Jana Kindt. Fünf davon seien sogenannte Dauerausreißer aus Kinder- und Jugendeinrichtungen. Es gebe allein vier Vermisste, die länger als 20 Jahre verschwunden sind. Zu diesen gebe es keine Hinweise. Voriges Jahr waren am Pöhlberg Skelettteile gefunden worden, die einem seit 17 Jahren Vermissten zugeordnet werden konnten, so Jana Kindt. Eine Straftat habe aber nicht vorgelegen. (FP mit sol)

Hinweise zum Aufenthaltsort von Anett Wagner nimmt die Polizei Mittweida unter Tel. 03727 9800 entgegen.