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Sein ganz großer Wurf

Giuliano Modica ist Dynamos Aufsteiger der Saison – eine Entwicklung, über die der Argentinier selbst staunt.

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© Lutz Hentschel

Von Tino Meyer

An ihm kommt auch hier keiner vorbei. Wenn man so will, dann ist dieser so ruhige, in sich gekehrt wirkende Fußballer selbst in Dynamos Trainingslager einer der wichtigsten Männer. Auf dem Spielfeld hat man sich ja langsam daran gewöhnt, dass Schein und Sein bei Giuliano Modica nicht zusammenpassen. Wer ihn unterschätzt, hat schon verloren.

Besuch vom Spielerberater: Modica begrüßt Ex-Profi Silvio Meißner, der mit seiner Familie in Marbella gerade Urlaub macht.
Besuch vom Spielerberater: Modica begrüßt Ex-Profi Silvio Meißner, der mit seiner Familie in Marbella gerade Urlaub macht. © Lutz Hentschel

Der 24-Jährige, vom Regionalligisten Offenbach gekommen, ist Dynamos Aufsteiger der Saison. Und wie er im Sommer den Vereins- und Spielklassenwechsel gemeistert hat, tritt der Innenverteidiger während des Wintercamps im spanischen Süden auf – als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt. Stimmt ja auch, zumindest der zweite Teil: Modica ist Argentinier, geboren in Cordoba, und Spanisch damit Muttersprache.

Seine Herkunft erklärt aber auch Modicas Durchsetzungsvermögen, wenn es um sein Leben, also Fußball geht. Aufgewachsen ist er am Existenzminimum inmitten der argentinischen Wirtschaftskrise, ehe der Onkel den Zwölfjährigen und seine alleinerziehende Mutter 2002 nach Deutschland holt. Ich bin ein Kämpfer und werde das schon hinkriegen“, hat er sich damals gedacht.

Der Satz ist seine Lebensmaxime, und er wiederholt ihn daher auch hier in Benahavis, nur nicht so schüchtern wie vor einem halben Jahr. „Mittlerweile bin ich ein anderer Typ geworden, voller Selbstvertrauen, noch motivierter. Das merke nicht nur ich, sondern auch meine Freunde und Verwandte“, sagt er und staunt selbst über seine Entwicklung. Tatsächlich ist die Stimme fester, der Blick entschlossener, Modica trotzdem kein bisschen unsympathisch. Er könnte ja jetzt den Star raushängen lassen.

Stattdessen erzählt er von seiner Mutter Ivanna, die stolz auf ihren Sohn ist und alles, wirklich alles von ihm sammelt. „Sie hat jede Dynamo-App und erzählt überall rum, was über mich in der Zeitung steht. Dabei übertreibt sie etwas“, findet Modica, der mit Lob ohnehin nur schwer umgehen kann. „Ich freue mich darüber und nehme es auch gern an. Aber ich weiß, dass in mir noch viel Potenzial steckt“, entgegnet er. Insofern können sich Dynamo und vor allem seine Gegenspieler auf einiges gefasst machen. Bislang hat der Typ alles erreicht, was er sich vorgenommen hat.

Dass es jedoch so gut läuft, hat auch Modica nicht erwartet. Neben Michael Hefele hat er sich schließlich nicht nur einen Stammplatz gesichert, sondern als Einziger mit dem Kapitän alle 21 Punktspiele von der ersten bis zur letzten Minute bestritten. „Man muss halt an sich glauben, was ich getan habe, und auch das Vertrauen des Trainers spüren“, betont Modica.

Von seinen fußballerischen Qualitäten ist er ohnehin überzeugt gewesen und der Sprung von der vierten in die dritte Liga gar nicht so groß. „Wenn ich ehrlich bin, wird da auch viel von außen reingesprochen“, sagt er. Der Umzug, das haben seine Freundin Leslie und er erst während der Weihnachtstage wieder festgestellt, ist in jedem Fall die absolut richtige Entscheidung gewesen. Ihr Zuhause ist nicht mehr Offenbach.

Dass er beim Heimatbesuch bei seiner Mutter auf dem Sofa geschlafen hat, erwähnt er nebenbei. „Das macht mir nichts aus. Ich komme aus einfachen Verhältnissen, das behält man immer im Kopf“, sagt Modica und wundert sich über die Nachfrage, wieso er nicht im Hotelzimmer geschlafen hat. „Das Geld spare ich viel lieber – und gehe mit der Mama essen.“