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Sein eigener Chef sein

Zwei Meißner möchten den Hörspielboom nutzen, um mit ihrem eigenen Verlag Geld zu verdienen.

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© Claudia Hübschmann

Von Stephan Hönigschmid

Meißen. Zehn Bücher hat Christine Sylvester bereits geschrieben. Und obwohl diese durchaus erfolgreich waren, hat sie im Laufe der Zeit immer etwas gestört. „Ich bin zwar mit meinen Verlagen gut ausgekommen, aber im Buchhandel ist der Vertrieb recht kompliziert“, sagt Sylvester. Es seien so viele Menschen involviert, die sich darum kümmern, dass sich das Buch ordentlich verkauft. Dabei bestehe häufig die Gefahr besteht, dass die Kreativität auf der Strecke bleibe, sagt die 48-Jährige.

Um sich aus diesem Korsett zu lösen, traf sie im Mai dieses Jahres eine Entscheidung. „Gemeinsam mit Ingolf Bien habe ich mich entschlossen, unter dem Namen ’Wort-Takt’ einen eigenen Verlag zu gründen“, sagt sie. Bien ergänzt: „Wir können auf diese Weise alles selbst machen: unsere eigenen Texte, unsere eigene Musik und unsere eigenen Bilder“, sagt der 63-Jährige, der als Sprecher und Musiker tätig ist und die Texte von Christine Sylvester multimedial erlebbar macht. Neben der kreativen Seite hat der eigene Verlag auch wirtschaftlich einen Vorteil. Während ein Autor von großen Verlagen etwa acht bis zehn Prozent vom Nettoladenpreis erhält, sind im Eigenverlag bis zu 70 Prozent möglich.

Obwohl es bis dahin ein harter Weg ist, kann er sich lohnen. Schließlich boomt der Markt für Hörbücher. Laut einer Analyse der Gesellschaft für Konsumforschung im Auftrag des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels wurden 2016 16,3 Millionen Hörbücher in Deutschland abgesetzt, 2013 waren es 14 Millionen, was ebenfalls schon ein Rekordwert war. Das durchschnittlich pro Kunde ausgegebene Budget stieg 2016 von 49 auf 54 Euro. Interessant ist auch der Blick über den großen Teich in die USA. So legte zwar der US-Buchmarkt im ersten Quartal 2017 nur um magere 0,9 Prozent zu, gleichzeitig machte aber das Segment „Hörbuch-Downloads“ laut US-amerikanischem Verlegerverband einen Sprung um ganze 28,8 Prozent.

Trotz dieser Fakten steht für Christine Sylvester und Ingolf Bien zunächst die inhaltliche Arbeit im Vordergrund. „Aktuell produzieren wir gerade das Kinderbuch ‚Ferien mal anders‘, das von einem neunjährigen Mädchen handelt, welches die Ferien unverhofft bei einer exzentrischen Nachbarin verbringen muss, weil die Großmutter im Krankenhaus liegt. Dort erlebt es allerhand Abenteuer“, sagt Sylvester. Bis Ende des Jahres soll alles fertig sein und kann über die Internetseite www.wort-takt.de bestellt werden.

Ein großes Ziel ist außerdem die Leipziger Buchmesse im Frühjahr nächsten Jahres. Bis zu diesem Zeitpunkt soll auch einer von Christine Sylvesters Lale-Peterson-Krimis über eine Dresdner Kommissarin vertont sein. „Das passt ganz gut, weil es in der Folge darum geht, dass Lale Petersen nach Leipzig ausgeliehen wird, um dort bezüglich einer Bombendrohung auf der Buchmesse zu ermitteln“, sagt die 48-Jährige, die momentan auf Teilzeitbasis als Lehrerin arbeitet, sich aber vorstellen kann, mit dem Verlag durchzustarten und sich nur noch dieser Aufgabe zu widmen.

Bis dahin fährt sie aber mehrgleisig und nimmt zusammen mit Ingolf Bien, der seit 2010 Hörbücher herstellt und erst vor Kurzem nach Meißen gezogen ist, auch Projekte in Angriff, die nichts mit Lesungen und dem Verkauf von Produkten, sondern mit einem pädagogischen Anspruch zu tun haben.

„Mit unserem Verlag planen wir auch Hörspielprojekte. Wir haben das schon einmal in Coswig in der Bibliothek gemacht, als wir uns gemeinsam mit Kindern eine Geschichte ausgedacht und dann ein Hörspiel erstellt haben. In Meißen möchten wir dies gern fortsetzen“, sagt Sylvester.