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Seiltänzer ohne rettendes Netz

Der Maler Jens Hackel prägte bis zu seinem Tod 2011 die Kunstszene von Bischofswerda. An diesem Freitag wäre er 50 geworden.

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© Klaus-Uwe Gottlöber

Falk Nützsche

Bischofswerda. Seiltänzer, Menschen zwischen Himmel und Erde, Aufschwung und Absturz, beides gleich nah. Nur ein Motiv unter vielen im Schaffen des Malers Jens Hackel? Wohl nicht; so stellt es sich jedenfalls im Rückblick dar. Jens Hackel, der Maler, Holzschneider, Tischler, Freund griff das Sujet nicht nur immer wieder auf, sondern schwebte selbst gleich Ikarus zwischen den Extremen. Was scheinbar geradlinig begann mit Schule, Zeichenunterricht, Zirkel, Beruf und Berufung zeitigte Erfolge und Abstürze. Jens konnte beides: solides Handwerk und gewagte Kunst. So entstanden nach guter Schule bei Hellmuth Tischer, Kurt Kassner, Andreas Frister, Rosso Majores und Rolf Werstler zahlreiche Gemälde und Grafiken. Viele schwermütig, hinterfragend, existenziell. Neben Seiltänzern tummeln sich Narren, Trinker, Clowns, Leute vom Bahnhof, Bettler und oft der Maler selbst. Gehöfte rücken schutzsuchend zusammen, Häuser tanzen, Brücken schwingen sich über die Moldau. Gemalt und gedruckt in Bischofswerda, Berlin, Bautzen und wieder Bischofswerda. „Hackel, der Freund der Blumen und Menschen“, so charakterisierte ihn einmal der Bildhauer und Freund Thomas Franz. Ja, Hackel, der Freund alles Lebendigem, könnte man ergänzen, hatte – durch die Zeiten verletzt – am Ende diese Lebenslust verloren. Dem Seiltänzer fehlten die rettenden Netze. Geblieben sind Erinnerungen an Episoden, gemeinsame Bekannte, Reisen, nächtliche Gespräche. Und die Bilder. Zu spät entdeckte aufrichtige Malerei. Zu Lebzeiten kaum verkauft, finden sie heute Eingang in private und staatliche Sammlungen, Galerien, Museen und Stiftungen. Es hätte ihn gefreut.

Falk Nützsche ist freiberuflicher Künstler