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Sehnsucht nach Freiheit und Romantik

Roel de Heus ist Niederländer und wohnt in Lauba. Dort hat er ein Umgebindehaus gekauft und sein Glück gefunden.

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© Rafael Sampedro

Von Marcus Scholz

Lawalde. Außer einem orangefarbenen Ball aus Gummi lässt auf dem gesamten Grundstück von Roel de Heus nichts darauf schließen, dass der 48-Jährige ein Niederländer ist. Weder ein klischeetypischer Wohnwagen, blühende Tulpen auf den Fensterbänken noch gelbe Autokennzeichen entlarven de Heus als einen, der ursprünglich aus den Niederlanden kommt. Er hat sich perfekt an seine neue Heimat angepasst. Nur, wenn er darüber erzählt, wie und warum es ihn in den Lawalder Ortsteil Lauba verschlagen hat, ist seine Herkunft wegen des unverkennbaren Dialekts nicht zu überhören. Seit 2011 wohnt der gebürtige Maastrichter in der Oberlausitz. Seine Lebensplanung ist aber eigentlich eine ganz andere gewesen.

In den Niederlanden hat de Heus einst seinen Masterabschluss in Wirtschaft gemacht und viele Jahre in der Wirtschaft gearbeitet. Den Job aufzugeben, daran hat er lange nicht gedacht. Auch nicht, als der 48-Jährige sich dafür entschieden hat, ein sanierungsbedürftiges Umgebindehaus in Lauba zu kaufen. „Ich habe immer Winterferien in Tschechien gemacht, in Bautzen übernachtet und die Region besichtigt“, sagt Roel de Heus. Beeindruckt haben ihn dabei vor allem die alten Fachwerkhäuser. Für sein jetziges Heim in Lauba ist er sofort Feuer und Flamme gewesen. „Ich habe einen Makler kontaktiert, gefragt was es kosten soll und sofort Ja gesagt“, erzählt er. Daran gedacht dort auf Dauer einzuziehen, hat de Heus anfangs aber nicht. „Ich wollte das Haus ursprünglich Stück für Stück sanieren lassen, mit 65 Jahren hierher ziehen und dann das Leben auf der Gartenbank genießen“, so der Niederländer. Doch der Liebe wegen ist sein Vorhaben schließlich gescheitert. Eher als gedacht wohnt de Heus nun zusammen mit seiner Freundin und der gemeinsamen dreijährigen Tochter in dem gelb-braunen Umgebindehaus mitten im Laubaer Ortskern.

Den Schritt getan zu haben, bereut Roel de Heus nicht. Im Vergleich zu seinem früheren Leben in den Niederlanden sieht er sogar einige Vorteile. „Hier ist es ruhiger und man hat sehr viel Platz“, sagt er. In seinem Heimatland sei alles viel dichter beieinander und lasse einem weniger Raum zur Entfaltung. „Wir Niederländer haben einen gewissen Sinn für Romantik und sehnen uns nach Freiheit“, sagt de Heus und spricht damit für viele seiner Landsleute.

Der 48-Jährige ist nämlich nicht allein auf weiter Flur. 59 Niederländer haben laut Statistischen Landesamt Ende 2014 im Landkreis Görlitz gewohnt. Im Landkreis Bautzen sind es immerhin 52 gewesen. Sachsenweit haben insgesamt 907 Landsleute von Roel de Heus ihren Wohnwagen im Freistaat geparkt.

Die Eingewöhnungszeit an die neue Umgebung dürfte den meisten von ihnen nicht schwer gefallen sein. „Das Leben in Deutschland und den Niederlanden ist vergleichbar. Nur gibt es hier eben mehr Platz“, sagt de Heus. Bei einigen Sachen habe aber auch er sich umstellen müssen. Dazu gehört zum Beispiel das Siezen. In seiner alten Heimat würde selbst der Chef geduzt. „Ein Sie kann bei uns als abwertend gedeutet werden“, so der Laubaer. Außerdem seien Niederländer viel direkter. Im positiven, wie auch im negativen Sinne. „Wenn einem etwas nicht gefällt dann sagt er das“, so de Heus. Deutsche würden eher um den heißen Brei herumreden, weil sie etwas Negatives nicht so offensichtlich sagen wollen. Größere Probleme hat der 48-Jährige aber mit dem Oberlausitzer Dialekt und dem rollenden „R“ gehabt. „Bei meinem ersten Gespräch dachte ich deswegen, dass mir ein Kanadier gegenübersteht“, sagt er.

Sprechen und Verstehen sind mittlerweile aber kein Problem mehr. Das darf es auch nicht. Denn ab März versucht de Heus einigen Deutschen etwas von seiner Kultur und Sprache beizubringen. Dann nämlich, startet erstmals in der Geschichte der Volkshochschule Dreiländereck ein Niederländischkurs und Roel de Heus heißt der Dozent. Obwohl er eigentlich beim Landkreis Görlitz als Arbeitsvermittler angestellt ist, hat sich der niederländische Laubaer sofort dafür bereiterklärt. „Ich möchte eine Art Botschafter sein und ein Band zwischen Sachsen und meiner Heimat knüpfen“, sagt er.