Merken

Sechs böse Buchstaben

Fans von Stahl Riesa sorgen mit judenfeindlichen T-Shirts für Aufsehen. Der Verein hat bereits reagiert.

Teilen
Folgen
© Screenshot/SZ

Von Stefan Lehmann

Riesa. Der Sieg gegen Chemie Leipzig markierte für Stahl Riesa das Ende einer Talfahrt. Die Niederlagenserie von drei Spielen war gestoppt, seit dem Topspiel am 23. April ist die Mannschaft ungeschlagen.

Auch in der letzten Vorstandssitzung haben Dietrich Hoffmann (l.) und Bernd Kalies die Vorkommnisse des Chemie-Spiels diskutiert. Sie sind sich einig: Politischer Extremismus gehört nicht ins Stadion.
Auch in der letzten Vorstandssitzung haben Dietrich Hoffmann (l.) und Bernd Kalies die Vorkommnisse des Chemie-Spiels diskutiert. Sie sind sich einig: Politischer Extremismus gehört nicht ins Stadion. © Sebastian Schultz

Für ein unschönes Nachspiel sorgt jetzt dagegen das, was auf den Rängen passierte. Im Netz kursieren Fotos und ein Video von Fans des Riesaer Fußballvereins. Sie tragen T-Shirts mit der Aufschrift „JDN CHM“. Die sechs Buchstaben lassen sich als „Juden Chemie“ lesen. Eine klar antisemitische Botschaft, schreiben die Betreiber des Blogs „Ultrapeinlich“. Zu Beginn des Spiels seien zudem „Juden-Chemie“-Rufe aus dem Riesaer Fanblock zu hören gewesen.

Für Aufsehen sorgte außerdem ein ins Internet gestelltes und mittlerweile gelöschtes Video, das die Siegesfeier im Riesaer Vereinsheim zeigt. Im Mittelpunkt steht auch dort ein Fan, der ein T-Shirt mit den sechs Buchstaben trägt. „Augenscheinlich scheint auf Seiten von Verein, Spielern und Fans an jenem Abend niemand Anstoß am Tragen des T-Shirts genommen zu haben“, heißt es auf dem Blog. „Alle sind auf die Siegesfeier fixiert.“ Entweder sei der Verein blind gegenüber der Thematik, oder er toleriere sie sogar, so die Vorwürfe der Blogger.

Die Verantwortlichen des Vereins bestätigen auf Nachfrage der Sächsischen Zeitung die beiden Vorkommnisse mit den T-Shirts. Man habe tatsächlich erstmals von der Polizei erfahren, wofür die Buchstaben stünden, sagt Vorstandsmitglied Bernd Kalies. Nach einem Hinweis des Einsatzleiters der Polizei habe der Stadionsprecher eine Durchsage gemacht, die T-Shirts zu verdecken. Dem seien die Fans auch zügig nachgekommen. „Damit war das für uns als Verein eigentlich geklärt“, sagt Vorstandsmitglied Dietrich Hoffmann. Die angeblichen antisemitischen Beschimpfungen habe keiner von ihnen gehört, so Kalies und Hoffmann. Auch im Spielbericht des Schiedsrichters finde sich davon nichts.

Die von den Bloggern gegen sie geäußerten Vorwürfe wollen die Verantwortlichen allerdings nicht auf sich sitzenlassen. Politischer Extremismus habe im Stadion nichts verloren, sagt Dietrich Hoffmann. „Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, gegen jegliche Äußerung vorzugehen.“ Unter den 485 Mitgliedern des Vereins seien Angehörige von etwa zehn Nationen. „Und wir haben jegliche Couleur auf den Zuschauerrängen.“ Auch politisch sei die gesamte Gesellschaft abgebildet. Bernd Kalies plädiert dafür, das Thema nicht wichtiger zu machen, als es sei.

Dennoch hat der Verein bereits Konsequenzen gezogen: Was die T-Shirts angehe, habe der Ordnungsdienst eine klare Ansage bekommen. Erneutes Fehlverhalten „wird der Ordnungsdienst nicht wieder tolerieren“. Außerdem wurde gegen drei Personen ein Stadionverbot ausgesprochen, wie der Verein am Freitag auch auf seiner Internetseite verkündet hat. „Weil sie den Anweisungen des Sicherheitsdienstes nicht folgten“, erklärt Hoffmann. Es sei allerdings schwer, alle Verstöße gegen die Stadionordnung nachträglich zu ahnden, weil nicht jeder Fan, der sich am 23. April danebenbenahm, identifiziert werden konnte.

Dietrich Hoffmann und Bernd Kalies betonen außerdem, dass der Verein das erste Mal mit dieser Situation konfrontiert war. Insgesamt sei die Partie, die 1 800 Zuschauer in der Stahlarena verfolgten, sehr unkompliziert abgelaufen. „Es wird auch noch eine Nachbereitungskonferenz mit der Polizei geben“, erklärt Dietrich Hoffmann. „Wir werden jedes Mal ein Stück schlauer bei so einer Veranstaltung.“