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Sebnitzer Bergsteiger im Kaukasus verschollen

Zwei Männer wollten auf den Gipfel eines Viertausenders. Auch andere Bergsteiger gerieten in Not.

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© imago/hohlfeld

Von Dirk Schulze

Sebnitz. Es gibt seit fünf Wochen keinen Kontakt mehr. Zwei erfahrene Kletterer, der 52-jährige Matthias B. aus Sebnitz und sein 24-jähriger Neffe Christoph aus Dresden wollten im Kaukasus den 4 737 Meter hohen Uschba besteigen. Sie kehrten nicht zurück. Die beiden sind viel in der Sächsischen Schweiz geklettert. Beide Bergsteiger galten als sehr erfahren, auch im Hochgebirge. Der Fall wurde zunächst von einer deutschsprachigen Internetseite, die im Auftrag des georgischen Außenministeriums betrieben wird, öffentlich gemacht. Seit dem 9. August wurde nach den vermissten deutschen Bergsteigern gesucht. Die Kletterer hätten eine Kontaktperson im Tal gehabt, bei der sie sich alle drei Tage meldeten. Den letzten Kontakt habe es am 1. August gegeben. Nachdem die Meldung ausblieb, wurden großangelegte Rettungsmaßnahmen eingeleitet. Daran waren sowohl die georgische Bergwacht und lokale Behörden als auch befreundete Alpinisten beteiligt, die von Angehörigen über die Situation informiert wurden. Auch die deutsche Botschaft in Tbilissi schaltete sich ein. Leider alles ohne Erfolg.

Matthias B. kletterte mit Leidenschaft im Elbsandstein wie hier an den Feldköpfen in Rathen.
Matthias B. kletterte mit Leidenschaft im Elbsandstein wie hier an den Feldköpfen in Rathen. © Mike Jäger

„Bisher weiß niemand genau, was passiert ist“, erklärt Christian Walter, der Geschäftsführer des Sächsischen Bergsteigerbundes (SBB). Es seien keine Spuren gefunden worden. Beide Kletterer waren Mitglieder des Vereins und nach Kenntnisstand des Geschäftsführers nicht zum ersten Mal im Kaukasus unterwegs. „Der Uschba ist ein Berg, an dem es immer wieder zu Unglücksfällen kommt“, sagt Walter, der selbst schon vor Ort war. Der SBB versuche nun, die Angehörigen in Versicherungsangelegenheiten zu unterstützen.

Das Erleben der Natur war das große Glück von Matthias B. Das hat er auch in seinem Beruf in der Nationalparkverwaltung Sächsische Schweiz vermittelt. Dort war er unter anderem fürs Wolfsmonitoring zuständig.

Wie es zu dem Unglück kam, ist weiter offen. Matthias und Christoph waren auch nicht die einzigen Bergsteiger, die kürzlich im Kaukasus in Not geraten waren. Rund 30 Kilometer Luftlinie nördlich des Uschba, auf der russischen Seite der Gebirgskette, spielten sich Ende vergangener Woche dramatische Szenen ab, die eine Reisegruppe des Dresdner Veranstalters Diamir miterlebte. Die achtköpfige Gruppe unter Leitung von Expeditionsleiter Stefan Hilger war seit dem 25. August im Kaukasus unterwegs und wollte dessen höchsten Berg, den Elbrus (5 642 Meter), besteigen. Aufgrund heftiger Unwetter blieb den Kletterern der Weg auf den Gipfel allerdings verwehrt. Auf dem Rückweg in Richtung Flughafen am 1. September wurde dann das ganze Ausmaß der Katastrophe offenbar. Eine riesige Schlamm- und Gerölllawine hatte die einzige Straße, die aus dem Baksantal hinausführt, an mehreren Stellen großflächig zerstört. „Wir dachten, jetzt sitzen wir erst mal fest“, sagt Diamir-Expeditionsleiter Hilger. Links und rechts des engen Tales erheben sich Felsen, talaufwärts ist der Weg durch die geschlossene Grenze nach Georgien versperrt. Touristen und Einheimische waren von der Außenwelt abgeschnitten.

In einer aufwendigen Rettungsaktion wurden noch am späten Nachmittag des 1.  Septembers über hundert Bergsteiger aus aller Welt mit Hubschraubern ausgeflogen. Das war die einzige Möglichkeit. Der Weg über Land wird wohl noch mehrere Monate unpassierbar bleiben, erklärt Stefan Hilger, der schon oft im Kaukasus unterwegs war. „Die Evakuierung lief äußerst professionell“, sagt er. Die örtliche Bergwacht und das Militär hätten ohne große Bürokratie zügig agiert. (mit SZ/gk)